Wanderwelt Val Müstair

Im östlichsten Zipfel der Schweiz liegt ein sonnenverwöhntes Tal – das Val Müstair. Ein Naturjuwel für alle Jahreszeiten, wie ein neuer Wanderführer eindringlich zeigt.

„Während Tausende und aber Tausende auf den groβen Verkehrswegen nach Anleitung der rothen Bücher die Schweiz durchzogen, begab ich mich meiner Gewohnheit nach auf Abwege, nicht aus Menschenscheu, an der ich nicht leide, sondern um einen Theil der Schweiz kennen zu lernen, der vom Touristenschwarm noch gänzlich gemieden und verschont ist. Einsame Pässe führen dahin.“

Stimmt immer noch es bitzeli, auch wenn der Touristenschwarm das Val Müstair in den vergangenen 150 Jahren schon erreicht hat. Als der deutsch-schweizerischer Kriminalrechts- und Rechtswissenschaftler sowie Reiseschriftsteller Eduard Osenbrüggen (1809–1879) das Münstertal besuchte und darüber im vierten Kapitel seines zweiten Bandes der „Wanderstudien aus der Schweiz“ von 1869 berichtete, muss das Tal jenseits des Ofenpasses wirklich noch kaum bekannt gewesen sein. Es war auch ein sehr weiter Weg dorthin; noch heute dauert die Reise von Bern nach Müstair Posta 4 Std. 47 Min., mit Umsteigen in Zürich, Landquart, Saglians und Zernez. Aber dann sind wir da – und schon fast aus der Schweiz heraus; nur ein paar Schritte weiter weg beginnt Italien mit dem Vinschgau.

Auf der Fahrt dorthin könnten wir auf books.google.ch den Text von Osenbrüggen lesen. Insgesamt sind sechs Bände mit Wanderstudien erschienen, der letzte zwei Jahre nach seinem Tod, herausgegeben von Pfarrer Ernst Buss. Darin findet sich ein Bericht von Pfarrer Ernst Müller, Erstbesteiger des Oeschinenhorns an der Blüemlisalp. Und dieses Horn wiederum ist auf dem Titelbild von Osenbrüggens Prachtsband „Das Hochgebirge der Schweiz“ abgebildet. Aber ich schweife ab. Eigentlich soll es ja ins Münstertal gehen, und zwar zum Wandern, zum richtigen. Mit dem Herrn Rechtsprofessor (seit 1875 übrigens Ehrenbürger der Stadt Zürich) und seinen Büchern nämlich kommen wir mehr zum Studieren und kaum zum Wandern. Anders hingegen mit dem jüngsten Band aus der Naturpunkt-Reihe des Zürcher Rotpunktverlages, der auf seine Art das Vorstellen von bekannten und unbekannten Regionen der Schweiz fortsetzt.

Anfang April erschien der Naturpunkt-Wanderführer „Wanderwelt Val Müstair“ von Daniel Fleuti und Andrea Kippe. Das mit zahlreichen Farbfotos ausgestattete Buch stellt 20 Wanderungen, 6 Schneeschuhtouren und 4 Winterwanderungen in der Region zwischen Ofenpass und Glurns vor. Kartenskizzen, genau wandertouristische Infos, ein umfangreicher Serviceteil sowie Hintergrundartikel zu Natur, Kultur und Geschichte machen den Führer zum unverzichtbaren Begleiter für einen Besuch dieser Tal- und Berglandschaft am östlichen Rand der Schweiz. Tour 17 führt auf ihren östlichsten Gipfel, auf den Piz Chavalatsch (2762 m); eine happige Sache, doch unbedingt lohnend für Leute, die je 1600 Höhenmeter im Auf- und Abstieg locker bewältigen. Schon Eduard Osenbrüggen stand dort oben: „Die Aussicht vom Piz soll bei der günstigsten Beleuchtung bis nach Wien reichen, welche Angabe ich weder bestätigen noch bestreiten kann, aber doch bezweifle.“

Daniel Fleuti, Andrea Kippe: Wanderwelt Val Müstair. Wanderungen und Schneeschuhtouren zwischen Ofenpass und Glurns. Rotpunktverlag, Zürich 2018, Fr. 38.- www.rotpunktverlag.ch

Am Dienstag, 17. April 2018 um 19.30, präsentieren die Autoren ihren Wanderführer an der Buchtaufe in der Buchhandlung am Hottingerplatz in Zürich, inkl. Apéro mit Münstertaler Spezialitäten; www.buchah.ch. Am Samstag, 16. Juni 2018, findet die Buchvernissage mit Wanderung im Val Müstair statt.

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