Wanderbücher sind in, wie auch Wandern überhaupt fast überhand genommen hat. Diesmal gehts ins Rätikon, gleich doppelt.
„Vom freundlichen Dorf Maienfeld führt ein Fußweg durch grüne, baumreiche Fluren bis zum Fuße der Höhen, die von dieser Seite groß und ernst auf das Tal herniederschauen.“
Der erste Satz in einem Buch, das seit 1880 in 40 Sprachen 20 Millionen Mal verkauft wurde: „Heidis Lern- und Wanderjahre“ von Johanna Spyri. Und zu welchen Höhen führt dieser Fussweg? Zum Falknis, dem Vorsposten des Rätikon-Gebirges, 2000 Höhenmeter schier senkrecht über dem Rhein stehend. Und vom Falknis wandern wir weiter, nordwärts zu den Drei Schwestern, ostwärts zur Schesaplana (2964 m), dem höchsten Gipfel des Rätikon, und gleich noch weiter zu den Kalktürmen und -wänden von Drusen-, Sulz- und Schijenfluh. So weit ging Heidi nicht. Dafür François und Marion. Die beiden lieben lange Touren, querten die Pyrenäen vom Atlantik zum Mittelmeer, erkundeten die Glarner Grate und Entlebucher Höhen. Und nun also das Rätikon. 21 Wanderungen stellen Schreiber und Fotografin genau mit allen (wander)touristischen Infos vor: die grosse, achttägige Rätikondurchquerung von Feldkirch nach Klosters, sieben zwei- bis viertägige Touren sowie 13 Tagesausflüge zu Fuß. Dazu viele Hintergrundthemen: Soldaten, Viehhändler, Heilige, Flüchtlinge und Schmuggler kümmerten sich aus ganz unterschiedlichen Interessen um die schweizerisch-österreichische Grenze – oder auch nicht. Spannende Geschichten sind das. Wer das Heidi nicht oder noch nicht gelesen hat, darf jetzt den Meienberg in den Rucksack stecken.
Aber so wie es vom Heidi auch zwei Bände gibt – im zweiten kann es brauchen, was es gelernt hat –, so gibt es auch zum Rätikon zwei (neue) Bücher. Im zweiten stellt Hermann Braendle 18 Rundwanderungen im Kerngebiet vor. 25 Lesekapitel bieten Historisches und Alpinistisches (zum Beispiel über den Fluch der Drusenfluh Südwand), Spektakuläres und Sagenhaftes. Als besondere Beigabe rundet das 84seitige Krimiheft »Schneemann« die Publikation ab. Ein gediegen gemachtes Buch. Aber, wie es der Titel sagt, doch mehr zum Lesen als zum Mitnehmen. Beide Rätikonbücher sind ungefähr gleich schwer und gleich teuer, aber der Braendle ist fast doppelt so gross. So muss er vielleicht zu Hause bleiben. Denn Heidi wollen wir doch auch noch mitnehmen, wenn wir von Maienfeld hinauf ins Rätikon gehen.
François Meienberg: Hinauf ins Rätikon. Wanderungen im Grenzland zwischen Prättigau, Montafon und Liechtenstein. Mit Farbfotos von Marion Nitsch. 312 Seiten, 13 x 19 cm, 548 g. Rotpunktverlag, Zürich 2009 Fr. 44.-
Hermann Braendle: Rätikon Reader. Weiter Himmel, wilder Fels. Bergwandern im Rätikon. Mit dem Beiheft „Schneemann. Ein Berg und Tal Krimi“. 180 Seiten, 19,5 x 25 cm, 562 g. Broschur. Bucher Verlag, Hohenems 2009, Fr. 44.50