Zwei neue Top-Kletterführer

Gibt es noch Felsen in der Schweiz ohne Kletterrouten? Die neu aufgelegten Führer Tessin und Ostschweiz verraten neue vertikale Traumgebiete, ohne die herkömmlichen zu vergessen. Let’s go climbing!

«Linescio ist ein kleines Dorf im Val Rovana: es ist vor allem für seine Terrassierungen bekannt: 25 Kilometer Trockenmauern, ein einzigartiges Zeugnis der bäuerlichen Vergangenheit, zu dem sich die prächtige römische Brücke über die Rovana gesellt. Die Geisha wall, versteckt im Wald über dem Dorf, ist sicher einer der schönsten Klettergärten des Maggiatals und bietet eine Reihe aussergewöhnlicher Routen von ausserordentlicher Schönheit und in hervorragendem Fels.»

Nichts wie hin, cari amici della montagna! Aber nur, wenn Ihr genügend „Speuz“ habt, also Kraft und Saft. „Speuz“ ist der Name der Route 10 im Sektor Chablis wall; die Kletterschwierigkeit dieser von Egon Bernasconi eingerichteten Route konnte Glauco Cugini in seiner eben erschienenen vierten Auflage des SAC-Kletterführers „Ticino/Tessin“ noch nicht genau angeben, aber unter 6a geht in Linescio ohnehin niente. Deshalb werde ich statt an die Chablis Wand eher an das Chablis Glas die Hand legen. Obwohl in Osteria Sascola in Linescio (mit Terrasse!) wohl kein Chablis ausgeschenkt wird, und in den Grotti von Cevio unten ebenfalls nicht. Muss auch nicht sein. Erstens gibt es im Ticino genug feinen eigenen Wein. Und zweitens sind wir ohnehin zum Klettern und nicht zum Trinken ennet den Gotthard gereist. Zum Klettern, klettern, klettern. Denn Glauco hat nochmals voll zugelangt: 21 neue Klettergebiete im Tessin und in den angrenzenden südbündnerischen Tälern Calanca und Misox hat er aufgenommen. Zusammen mit neuen Routen in schon bekannten Gebieten, wie dem Sektor Lo Hobbit im absoluten Topgebiet Ponte Brolla-Tegna, sind in diesem 576-seitigen Führer mehr als 1500 Routen erstmals veröffentlicht. Mamma mia, gibt das viel tun. Cameriere, può portarmi un altro bicchiere di vino bianco, per favore?

«Eingebettet im Wanderparadies Pizol liegt der Klettergarten “Twärchamm”. Der griffige Gneis und die perfekte Absicherung bieten Genusskletterei für Jung und Alt. Dank der Höhenlage eignet sich das Gebiet für den Sommer.»

Andiamo, liebi Bärgfründe! Da komme ich mit, sogar bis zu diesem sonnigen Fels nur eine Viertelstunde von der Pizolhütte entfernt. Die Route „Schneekönigin“ sollte ich noch im Vorstieg schaffen, vielleicht auch „Oktoberschnee“ und „Tante Gabi“. Bei „Onkel Heiri“ müsste wohl mein Neffe Silvan vorausklettern. Oder Daniel Schaffhauser, der auf einem Foto abgebildet ist und zu den Erschliessern gehört. Das mit dem Maximum von vier Sternen bewertete Klettergebiet „Pizol“ ist neu beschrieben in der neuen Auflage von „plaisir OST“; der Band präsentiert auf 432 Seiten insgesamt 77 Gebieten. Die plaisir-Kletterführer sind die beliebtesten und decken die ganze Schweiz, oft auch angrenzendes Ausland ab; im neuen Band Ost sieben Gebiete im Tirol, so erstmals den Rammelstein mit Routen wie „Stille Zeit“, „Amsel“ oder „Elfenweg“, um ein paar brave zu nennen. Wenn Sandro von Känel unbekannte Gebiete wie jetzt mit Pizol, Holzegg, St. Jöri, Plattenkreuz-Plattenwand oder Matlusch vorstellt, so freuen sich auswärtige Genusskletterer. Bei Twärchamm natürlich auch die Pizolbahnen. Und bei Matlusch in der Bündner Herrschaft diejenigen, die weder klettern noch wandern. Denn der 845 Meter hohe Matluschkopf ist der Hausberg des Dorfes Fläsch. Dort gibt es zwar auch keinen Chablis. Aber zum Beispiel einen meiner liebsten Weissweine, den Sauvignon Blanc von Jann Marugg.

Glauco Cugini: Kletterführer Ticino/Tessin. SAC Verlag 2021. Dreisprachig I, F, D. Fr. 59.-

Sandro von Känel: plaisir OST. Edition Filidor, Reichenbach 2021. Dreisprachig D, F, E. Fr. 54.-

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert