Eine Ausstellung und ein Katalog zur Geschichte der Gegend am Arlberg, wo Annemarie Schwarzenbachs Skiroman «Flucht nach oben» handelt.
„Am Morgen fuhr es fort zu schneien. Der Himmel, bleigrau und stumpf, senkte sich ob der fast reglosen Wolkenschicht. Der Schnee bedeckte die abgefahrenen Hänge, häufte sich in den Mulden. Oben im Fels hing er über zackige Ränder, Wächten bildeten sich, schoben sich gefährlich vorwärts, neigten sich schwer und sanft gerundet den Abgründen zu.“
Die ersten vier Sätze aus „Flucht nach oben“ der Kultautorin Annemarie Schwarzenbach. Der 1933 in Le Lavandou abgeschlossene und lange Jahre für verschollen geglaubte Roman wurde 1999 im Lenos Verlag herausgebracht; er ist im realen Innsbruck und im fiktiven Alptal angesiedelt, das schwer an Lech und Zürs am Arlberg erinnert.
Wie es damals dort oben ausgesehen hat, wie aus dem Bergbauerndorf ein Fremdenverkehrsort wurde, zeigt noch bis am 28. April 2011, also grad richtig für den Kehrausschwung zwischen Krokussen und Soldanellen, die Ausstellung „Zwischen Tradition und Moderne“ im Museum Huber-Hus in Lech am Arlberg. Wer die Bretter schon im Keller verstaut hat oder sonst keine Zeit findet, nach Vorarlberg zu reisen, sollte wenigstens den Katalog anschauen und lesen – tolle Abbildungen, kluge Texte.
Nach dem Ersten Weltkrieg strömten plötzlich Touristen auf der neuen Flexenstrasse in die Region von Lech und Zürs. Städtische Interessen und Bedürfnisse trafen auf ländliche Traditionen und hinterliessen unterschiedliche Handschriften. Die Ausstellung spannt einen Bogen vom Ausbau der Infrastruktur durch grosse Hotelprojekte und der Erschliessung der Skihänge durch erste Anlagen bis zu den Strategien des Films, der Fotografie und der Tourismuswerbung. Wer dazu noch passende Romane lesen möchte, schnappt sich „Flucht nach oben“ und gibt sich im Liegestuhl der Lektüre und Sonne hin. Oder ergattert den „Ski-Sportroman“ von Roland Betsch aus dem Bergverlag Rudolf Rother von 1931. Schauplatz von „Gott in der Lawine“ ist das benachbarte St. Christoph am Arlberg, aufgezeichnet wird die ganze Entwicklung vom heroischen Skisport zum wintersportlichen Massentourismus, darin eingebettet eine Peer Gynt nachempfundene Tragödie um Baron Peter von der Heydt. Dieser lernt den einheimischen Bildhauer Xaver Findeis kennen, der ihm von seinem grossen Skibuch vorschwärmt: „Bitte, wo gibt’s ein Buch über den Skilauf?“, fragt Findeis und gibt die Antwort gleich selbst: „Nirgends. Ich stehe einzig da. Ich verdiene Tausende.“ So weit bringt es der wilde Xaver nicht mehr; noch in derselben Nacht deckt ihn die Lawine zu.
Übrigens: Bergbücher, die geschrieben wurden, sind das Thema einer Veranstaltung, die am kommenden Wochenende dies- und jenseits des Simplons stattfindet. Die Bedeutung des Bergbuchs – Il posto del libro di montagna, am 16. und 17. April 2011 in Brig und Domodossola. Programm unter www.bergbuchbrig.ch
Marcel Just und Birgit Ortner: Zwischen Tradition und Moderne. Lech & Zürs am Arlberg 1920 – 1940. Architektur – Technik – Kunst – Grafik – Fotografie – Film. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Museum Huber-Hus in Lech am Arlberg, Euro 20.- Noch bis 28. April 2011; So bis Do, jeweils von 15.00 bis 18.00 Uhr. www.lech.eu/gemeinde/kultursportfreizeit/museen.html