Lange hat er geschwärmt von einsamen Schneematten, von tiefem, stiebendem Schnee. Weg von Pisten, fern vom Rummel. Lange blieb er ungehört. Nun endlich ist sie seinem Ruf gefolgt. Ihre erste Skitour ist Geschichte. © Annette Frommherz
Sie ist seinem steten Drängen erlegen. Er ist ein alter Hase, sie ein Greenhorn. Er habe ihr die beste Ausrüstung besorgt, behauptet er. Tolle Bretter in ihrer Lieblingsfarbe. Sie lüftet ihre Augenbrauen. Er schnallt bereits die Skischuhe zu. Furna im Prättigau zeigt sich von der besten Seite. Weiss und sanft ruht der Wannenspitz. Der Wirt vom Gasthof Hochwang hat versprochen, es liege jede Menge Pulverschnee da oben. Es wird sich zeigen, ob er, der Holländer, mit der Wahrheit geizt.
Sie blinzelt in die Sonne. Er hat den perfekten Tag ausgesucht. Ihre Skier legt er ihr bereit. Sie beschliesst, diesen Tag zu mögen. Lange schon hat er eifrig versucht, sie zu überzeugen, was seit Ewigkeiten seine Passion ist. Skitouren hier, Skitouren da, Skitouren überall. Seit Jahren frönt er dieser Leidenschaft. Jetzt endlich kann er sie dazu bewegen mitzukommen.
Er stellt ihr die Steighilfe ein. Sie lässt es sich gerne bieten. So eifrig hat er sich noch selten um sie gekümmert. Er spurt. Sie lässt ihn gerne spuren und zieht ihre Skier in seiner Fährte. Ob das Tempo recht sei. Er sorgt sich rührend um sie. Er will sie auf keinen Fall vergraulen. Ihre letzte Skitour soll es nicht gewesen sein.
Der Holländer hat nicht zuviel versprochen. Lastwagenweise hat er Puderzucker streuen lassen. Oben bläst die Bise gemein in den Nacken. Der Gipfel ist der Gipfel. Wer will sich diesen Rundblick schon entgehen lassen! Heisser Most und Gipfelkuss runden die Herrlichkeit ab. Er ist stolz auf sie. Sie aber meint, es sei noch nicht aller Tage Abend. Nun wird sich zeigen, ob sie im Tiefschnee die Skier gleichlaufend halten kann. Schon bald brennen ihr die Oberschenkel. Er weiss, dass ihre Fahrkünste nicht die besten sind. Er lobt, immer wieder. Und wartet geduldig weiter unten. Die Schlangenlinien am Hang zeugen von Könnern, die vor ihnen da waren. Er schwingt. Elegant. Sie stemmt. Weniger elegant. Aber sie gibt ihr Bestes. Ihr Jauchzer erstickt in der weissen Pracht. Sie fällt weich, aber kalt. Aufstehen ist nicht einfach. Die Versuche mehren sich, aber es gelingt.
Lange muss er sie nicht überzeugen, dass der Berg gleich nebenan, der Fadeuer, auch ein ganz schöner sei. Er ist ihr behilflich, die Felle nochmals aufzuziehen, obwohl sie dies inzwischen ganz gut selber könnte. Sie geniesst seine endlose Fürsorge. Die Steighilfe ganz hoch stellen. Nichts wie rauf! Spitzkehre üben am Steilhang. Seiden glänzen die Hänge im Mittagslicht. Ob es ihr gefalle, fragt er. Sie kann es nicht leugnen. Oben begeistert nochmals die Rundsicht, mit Blick nach unten das Nebelmeer. Die Belohnung für den Aufstieg.
Eine Skitour sei das Schönste, sagt er. Jetzt muss sie widersprechen, ganz heftig. Es gäbe noch Schöneres, findet sie. Er denkt seines. Sie ihres. Beide schmunzeln. Seine Meinung will er partout nicht ändern. Abends leuchtet sein Gesicht. Ihr glänzen die Augen.
So ist mal klar.
Auch Flachländer haben ein bischen ahnung von die Schneeverhältnisse am Furner Berg.
Folg mal wenn Er wieder spurt.
Lass dich entzücken von die Weisse pracht.
gr.
John