Secret Mission

Der Titel dieses alpinistischen Thrillers könnte auch über der Geschichte seiner Wiederentdeckung durch unseren literarischen Sherlock Holmes stehen. Offenbar ist dabei auch viel Geld geflossen, aber man weiss ja, Sammeln macht süchtig.

„The night seemed interminable and the planets marched with inexorable slowness. The cold grew und grew, until by midnight the temperature must have been degrees below zero.
To the reader it may be romantic that I was seated next to the woman of my choice under the stars, but romance blossoms only in those who are warm, well fed and comfortable, and I doubt whether Romeo and Juliet would have done anything but curse their fate had they been made to spend the night in the snow at an altitude of twenty thousand feet above sea level.”

Nicht nur die Kälte im Notbiwak in einer Eishöhle auf 6100 Meter über Meer, auf dem Fluchtweg über einen unbekannten Pass im Everest-Massiv, setzt dem Ich-Erzähler Tom Trevanion und seiner Mabel Wilberforce sowie ihren Begleitern zu, sondern auch, dass sie von Hunzerger und andern Nazi-Schergen verfolgt werden. Die Szene spielt im Zweiten Weltkrieg, der englische Professor Wilberforce hat eine Geheimwaffe entwickelt, die kriegsentscheidend sein könnte. Als überzeugter Pazifist will er aber von einem militärischen Einsatz nichts wissen und flieht mit Tochter und Geheimplan in den Himalaya. Davon haben die Engländer und die Deutschen unabhängig voneinander erfahren, worauf es zu einer dramatischen Verfolgungsjagd durchs Gebirge kommt. Ein alpinistischer Thriller mit viel Zeitkolorit – und einer Lovestory. So richtig etwas fürs Gemüt und gegen die Nazis

„Secret Mission“ heisst der Mountain Thriller von Frank Smythe (1900-1949), einem der besten und berühmtesten britischen Bergsteiger, Bergschriftsteller und –fotografen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein paar Daten: Ende der 1920er Jahre Erstbegeher der beiden grossartigen Routen „Sentinelle Rouge“ und „Route Major“ in der Brenva-Flanke des Mont Blanc; 1931 Erstbesteiger des  Kamet (7556 m), des damals höchsten bestiegenen Gipfels der Welt; 1933 Erstbesteigungsversuch am Mount Everest, mit einem Aufstieg alleine in der Nordwand bis auf 8570 m – ein physischer und psychischer Grenzgang. Smythe lebte vom Bergsteigen und vom Schreiben darüber; ein Vorläufer von Reinhold Messner oder Chris Bonington. Manche der Bücher, wie „Camp 6“, berichten von Leistungen an der Grenze des Menschenmöglichen; andere, wie „Mountain Holiday“, schildern Erlebnisse und Erfahrungen, die sich auch dem einfachen Bergsteiger und Bergwanderer erschliessen. Das einzige fiktive Werk scheint „Geheime Mission“ zu sein.

Es stand schon lange auf meiner Wunschliste alpiner Krimis, konnte es aber nie finden. Als ich im letzten November „Secret Mission“ (mit Schutzumschlag und einem Brief von Smythe an Bip Pares, bekannte englische Illustratorin, welche das Cover und die Vorsatzkarte für dieses Buch schuf) im Angebot von Tony Astill (www.mountaineeringbooks.org) fand, mailte ich ihm sofort: “I always wanted to read (and to have) this crime novel, for my collection of mountaineering crime novels. So, Tony, how much for this Smythe?” Seine Antwort: “Daniel, are you sitting down?“.

Frank S. Smythe: Secret Mission. Hodder & Stoughton, London 1942.

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