Ein Traum, der keiner ist. Badilekante im Schnee. Wie einst.
Von der Badilekante geträumt. Ich klettere vor, einmal klemmt das Seil nach einem kleinen Quergang. Ich hänge zwei Express ein. Heini folgt. Vor bald dreissig Jahren waren wir zusammen an der Badilekante, September, viel Schnee schon in der Höhe. Es war eine schwierige Zeit meines Lebens, man könnte sie mit einem Gemeinplatz als «Midlife-Crisis» zusammenfassen. Mir schien damals der Boden unter den Füssen einzubrechen, auf der Badilekante fand ich wieder festen Grund. Nach langer Zeit wieder einmal in den Bergen, in der Wunderwunschwelt meiner Jugend.
Nun träume ich davon. Und stelle ich fest, dass wir gar nicht an der Kante klettern, sondern an einer Art Vorgipfel, den es dort in Wirklichkeit gibt, glaube ich. Und wie ich in die Scharte hinunterschaue, sehe ich, dass am Einstieg zur Badilekante ein Kiosk steht und eine Autostrasse in Kurven heraufführt von Sassfura her. Da wären wir bequemer hochgekommen, denke ich und bin doch ein wenig enttäuscht, dass auch hier die Zivilisation eingebrochen ist, wie an so vielen Orten.
Seit ich mich erinnern kann, träume ich immer wieder von Bergen, vom Klettern. Oft sind es Landschaften und Gipfel, die es nur in meinen Träumen gibt, immer wiederkehrend. Vielleicht aus einem andern Leben herübergerettet. Den Badile jedoch gibt es, drei Mal war ich auf dem Gipfel, habe das letzte Mal einen Stein mitgenommen und einer Kletterfreundin geschenkt, der die Badilekante viel bedeutete. Der Stein sollt ihr Kraft verleihen gegen den Krebs, aber geholfen hat er nicht.
Während der vergangenen Wochen habe ich mich immer wieder mit dem Badile befasst, durch die Neuausgabe der Erinnerungen von Christian Klucker, der 1892 einen grossen Teil der Kante kletterte, hinauf und hinab in Socken, allein und ohne jede Sicherung.
Als wir im Traum am Einstieg der Badilekante stehen, sehe ich, dass Berg ganz verschneit ist wie damals. Wir verzichten die Tour. Nicht einmal im Traum bleibt mir der Badile vergönnt, mein Traumberg.