Gabchopf

FZ, zwei Initialen auf den Bohrhaken einer Kletterroute, erinnern an einen jungen, tragisch verunglückten Bergsteiger.

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Mühsamer Aufstieg vom Urnerboden über Gras und Schutt, ein heisser Tag. Erster August, aber das ist nicht der Grund, dass wir die Geburtstagsroute anpacken. Der Grund ist: es ist die leichteste am Gabchopf. Wir sind ja nicht so naiv zu glauben, der erste August sei der Geburtstag der Schweiz. Wenn schon, dann wäre es der 23. November, denn an diesem Tag im Jahr 1847 schlugen die eidgenössischen Truppen bei Gisikon den Aufstand des katholischen Sonderbundes nieder und öffneten damit den Weg zum modernen Bundesstaat. Aber das behalten wir lieber für uns, jetzt, wo wir im Land der alten Sonderbündler klettern wollen.
Also Geschichte beiseite, angeseilt und los. Drei Längen, 5b, nicht schwer also und auch nicht lang und doch machen sie uns zu schaffen. Wir sind die Kamin- und Risskletterei nicht mehr so gewohnt. Aber es geht. Haken in angenehmen Abständen, eine «sanierte» Route also. Auf einigen Bohrplättchen sind die Initialen FZ eingestanzt. Fritz Zimmermann, er hat sie im Juni 1995 gesetzt.
Fritz, oder Frigg, wie man ihn im Glarnerland nannte, ein stiller, bescheidener Bergbauernbub aus Schwändi, wo wir wohnten, als er noch ein Schüler war. Er lernte Zimmermann, nomen est omen. Wurde ein hervorragender Kletterer, Spitzenalpinist in Fels und Eis, extremer Skifahrer. Er hatte das Zeug, einer der besten Bergsteiger des Landes zu werden. Doch beim Umbau einer Scheune auf dem eigenen Hof stürzte er vom Dach, verletzte sich schwer. Trotzdem fliegt er einige Monate später mit Freunden nach Santiago de Chile um den 6800 Meter hohen Ojos del Salado zu besteigen, den höchsten Vulkan der Erde. Auf 5000 Metern muss er umkehren, Kopfschmerzen plagen ihn, seine Lunge ist noch immer geschwächt vom Unfall. Allein steigt er ab, hält mit den Freunden Funkkontakt, der plötzlich abbricht. Einer seiner Begleiter steigt ab, findet Fritz im Zelt, sein Atem geht rasselnd. Kurz darauf stirbt er am Lungenödem, 24 Jahre alt.
FZ lese ich auf den Haken und frage mich, wer von den Kletterern auf dieser Route die zwei Initialen noch in Verbindung bringen kann mit dem jungen begabten Bergsteiger, der so tragisch gestorben ist, weit ab von seinen geliebten Alpen, von seinem Dorf, seiner Heimat. Bald sind wir am letzten Stand, essen und trinken und rasten ein wenig. Das Wetter ist prächtig, die Gletscher drüben am Gemsfayren, am Clariden glitzern im Sonnenlicht. Ich geniesse die Tour und denke doch mit ein wenig Wehmut an all das Vergangene, an die wenigen Spuren, die wir schliesslich hinterlassen auf unserem Weg.

Mehr über Fritz Zimmermann in meinem Buch: Tödi – Sehnsucht und Traum. AS Verlag, Zürich 2000.

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