Das jüngste Buch von Emil Zopfi ist eine sehr persönliche Erinnerung an Menschen, die sein Leben begleitet, beeinflusst, bestimmt, bereichert haben. Und unser hoffentlich auch.
„Wenn ich mich als Laufbub bewähre, kann ich im kommenden Frühling eine Lehre beginnen. In der Fabrikkantine lese ich am Samstag nach Arbeitsschluss in der Schweizer Illustrierten, die dort aufliegt, eine Artikelserie über die Eigernordwand. Atemlos verfolge ich die dramatische Schilderung des italienischen Bergsteigers Claudio Corti, während dessen Seilgefährte Stefano Longhi ums Leben kam. Die Gefahren der Berge machen Angst, üben aber auch eine eigenartige Faszination aus. Ich bin mit meinem Vater über Pässe und Gletscher gewandert, ich kenne die Berge, habe schon Lawinen und Steinschläge gesehen. Klettern jedoch, so wie Johannes oder die Helden des Eigers – das wird zum heimlichen Wunsch. Auf meinen Botengängen durch die Fabrik träume ich von Abenteuern in Fels und Eis.“
Wäre aus dem Laufbub Emil in der Firma Zellweger in Uster auch der Schriftsteller und Kletterer Zopfi geworden, wenn er nicht als Jugendlicher mit dem packenden Schreiben über das Bergsteigen in Kontakt gekommen wäre, wenn er nicht den Kletterschilderungen des Lehrlings Johannes gelauscht hätte, der ihn zudem ermunterte, Bücher zu lesen? Ja, wenn ihn dieser Johannes nicht mit auf Tour genommen hätte? Nochmals ein Ausschnitt aus dem Kapitel „Johannes der Retter“ im jüngsten Buch von Emil Zopfi:
„Berge und Literatur. An der Fräsmaschine hatte mir Johannes eine Türe zu zwei Welten geöffnet, jenseits des Alltags in der Fabrik. Er hat mir Wege gewiesen, die fortan in meinem Leben immer wichtiger wurden. Klettern und Schreiben.“
Mit 75 Jahren schaut Emil Zopfi zurück auf sein Leben in einem sehr persönlichen und berührenden Buch: „Menschen am Weg“. Einer dieser Menschen ist eben der Johannes Peyer, der ihn „aus dem Gefängnis der Fabrikwelt“ entführt und dem er später, auf einer Wanderung, ein letztes Mal begegnet. Zopfi erzählt von Menschen, die ihn ein kurzes oder auch ein langes Stück begleitet haben, von Glarus nach Zürich, ins Rheinland und in die Toskana, nach Berlin und London, über Palästina ins Tessin. Meisterhaft verwebt er Erinnerungen an schicksalshafte grosse und kleine Momente in 31 Begegnungen, von der „Babetta – meine schöne Mama“ bis zu seiner Frau Christa. Mit ihr klingt ein schönes und reiches Buch aus, das alle lesen sollten: die Zopfianer sowieso, weil sie damit an viele stimmungsvolle Stunden mit seinen Büchern erinnert werden und doch so viel Neues kennenlernen werden; und diejenigen, die noch nie ein Werk von Zopfi gelesen haben, begegnen hier einem (Schweizer) Autor und seiner Zeit wunderbar nah und wegweisend.
Emil Zopfi: Menschen am Weg. Begegnungen. Rotpunktverlag, Zürich 2018, Fr. 34.- www.rotpunktverlag.ch, http://zopfi.ch/menschen_am_weg/
Lesungen aus «Menschen am Weg»:
22. September 2018, 13.30 Uhr. Röslischüür, Röslistrasse 9, 8006 Zürich.
26. September 2018, 20 Uhr. Buchhandlung Bellini, Goethestrasse 5, 8712 Stäfa
5. Oktober 2018, 20 Uhr. Landesbibliothek Glarus.
25. Oktober 2018, 19.30 Uhr, Buchhandlung im Volkshaus Zürich, im Rahmen von «Zürich liest».
9. November 2018, 18 Uhr, Zeughaus Kultur Brig. Im Rahmen von BergBuchBrig.
16. November 2018, 19.30 Uhr, Buchhandlung BUK, Schachenstrasse 15a, 6011 Kriens.
1. Januar 2019, 17 Uhr, Gemeindesaal, 3996 Binn. Im Rahmen der Binner Kulturabende.
7. Februar 2019, 19.30 Uhr, Culture Time, Wylandstrasse 26, 8400 Winterthur.