Sommer auf der Alp unter dem Piz Sez Ner. Eine Welt, die wir Bergsteiger oft nur «von oben herab» betrachten. Zweisprachig erzählt, es klingt, schmeckt und riecht.
„Unterhalb des Sez Ner stehen die Kühe neben dem Skilift weit verstreut in den Hängen. Auf der anderen Seite des Zaunes klettern die Rinder mit ihren platten Glocken immer höher die Hänge hinauf bis auf den Sez Ner. Die Hirtin der Rinderalp liegt neben dem Zaun in den Alpenrosen mit dem Hund und isst einen Apfel. Neben der Hirtin sitzt der Zusenn und zieht die Schuhe an.“
Sommer auf der Alp Stavonas (1971 m) nordwestlich unterhalb des Piz Sezner, am Rande des Skigebietes von Obersaxen im Bündner Oberland. Arno Camenisch, 1978 in Tavanasa am Fuss des Piz Sezner geboren, beschreibt in seinem zweiten Buch das karge Leben der Hirten und Tiere dort oben, die vielen Pflichten, die kleinen Freuden, den Blick auf die Gipfelwelt (wenn Zeit dazu übrig bleibt), die Besuche des Tierarztes, des Pfarrers und der Ausflügler. Usflüglers heissen sie auf Romanisch. Denn Camenisch hat sein Buch auf Romanisch und Deutsch geschrieben, und so ist es auch gedruckt: rechts stehen die Kühe, links las vaccas.
Und wie Camenisch das ach so gar nicht tolle Leben auf der Alp beschreibt: lapidar, lakonisch, in kurzen Sätzen, kurzen Abschnitten. Der Alltag der Hirten wird Sprache. Eine einfach, schnörkellose Sprache. Keine dramatische Geschichte, und doch: Senn, Zusenn, Kuhhirt, Schweinehirt, alle namenlos, kriegen Konturen, eine Liebesgeschichte mit einer Hirtin wird angedeutet. Der Sommer auf der Alp unter dem Piz Sezner: Das sind keine Ferien. Aber wir dürfen das Buch in den Ferien lesen. Zum Beispiel auf der Alp Ochsenberg ob Maienfeld: ein Schauplatz im meistverkauften Schweizer Buch, 1880 erstmals erschienen.
Arno Camenisch: Sez Ner. Urs Engeler Editor, Basel 2009, Fr. 36.-