Ein einig Volk hätt’ ich auf meiner Seite, wenn es denn eines gäbe. So sprech’ ich vor versammelt’ Schar, wo keine ist. Es mag mich nicht vergrämen. © Annette Frommherz
Es war mir Sturm in Reihe neun. Mir drang die Stimme Prosperos an meine Lauscher, so voll, als käm’ sie aus des Meeres Tiefen. Fest hielt er sich mit seinen Klau’n an scharfer Felsenkluft der Insel, wo er strandete; die Tochter fest an seinen Leib geklammert. Noch seh’ ich kein Vereinen, der ich bedien’ mich könnt’, damit die Worte eilten zu den Bergen hin. Finden werd’ ich sie nun müssen, damit berechtigt sie erscheinen, hier zu landen. Das wird so leicht nicht sein.
All das ertrüg’ ich besser, wenn Ariel mit irren Augen mir nicht den Kopf verdrehte. Husch war er hier, husch wich er aus, dem Ungemach, und war doch stets der Diener seines Meisters. Caliban, das raue Vieh, gedieh zu Unmut der Besetzer. So rund und kahl sein Schädel, so klar und scharf die spitze Zunge. Im Reich der Fantasien tanzten auch die Wörter ihre Reigen. So frei und ungezwungen, als wär’ die Welt ihr eigen’ Pflaster. Es war mir Sturm in Reihe neun.
Der gute William sei hoch geehrt. Wie er bedien’ auch ich mich dem Konstrukt, er wird es mir verzeih’n. Mein Herr, wenn Sie gestatten: eure Wort’ sind wohl erschaffen, sie weiter in die Welt zu tragen. Dort, wo die Macht der Mächtigen die Ohnmacht der Ohnmächtigen beherrscht. Auch wenn solch’ Worte kaum so fliessen mögen wie die Ihren. Wenn Sie die Güte haben, grosser Herr, werd’ ich Sie weiter ehren wie bislang. Will ich zu Füssen Ihnen auf ewig liegen.
Und wie ich dies so dacht’, so sagt’ ich zu mir eigen: wozu hab’ ich denn Sprache mir gelehrt? Dass ich mich ihr bedienen könne, gab ich mir Antwort selbst. Denn da war keiner.
Als wär’ ich nicht vom Fels umstellt an manchen Tagen, so holt’ ich tief die Luft aus meinen Lungen, um so dem Denken Raume zu verschaffen. Dem Sinn nach find’ ich keine Parallele mit dem Dichter und Gedachten. Es ist, als diente es der Prüfung meiner Liebe. So bat ich mich vorerst, dem allem zu entkommen: Ich bin doch nicht, so sagt’ ich mir, vor dem Ertrinken davongeschwommen, dass ich nun vor dieser Wand verlorengehe! Und wenn mir einer sagt: Ihr taugt nicht für des Berges Gut, so schenkt’ ich ihm den Glauben.
Und wie dies’ Schauspiel sich dem Ende näh’rt, wollt’ ich es nicht beenden. Dies’ Spiel des Schauens, das mich schaudern macht und Stoffe mir bedacht, sich dieser zu bedienen. Nur sucht’ ich noch nach dem Verbund, was Berg und Shakespeare einig wiegen mögen. Und fand’ gar wenig, was im Endlichen verlaufen könnt’. Mir fällt es leicht, den Faden zu verlieren, der mir vom Felsen glitt. Drum sei gesagt das Wichtigste von allem: Es war mir Sturm in Reihe neun.
In Anlehnung und frei nach dem Schauspiel ‚Der Sturm’
Von William Shakespeare (1564 – 1616), Aufführung Schauspielhaus Zürich, Januar 2012