Vier Ferienkrimis

Bei diesem katastrophalen Wetter hilft vielleicht lesen, wenn es die Umstände überhaupt zulassen.

«Im strömenden Regen war vor ihren Augen ein einziges Flimmern, ein gleißendes Licht. Über dem Meer riss der Himmel auf. Die Wolkendecke schien von unsichtbarer Hand wie ein Verdeck aufgerollt zu werden, Meter für Meter. Cirillo traute ihren Augen nicht. Sie konnte zusehen, wie ein tiefes Blau zum Vorschein kam und die Sonne das Meer nach und nach in einen glitzernden Teppich verwandelte. Tausende Lichter begannen auf der Wasseroberfläche zu tanzen, während sie hier oben, auf dem Monte Capello, dem zweithöchsten Berg von Capri, im Regen stand.»
Luca Ventura: Bittersüße Zitronen. Der Capri-Krimi. Diogenes Verlag, Zürich 2021, € 16,00. Der zweite Fall für Enrico Rizzi und Antonia Cirillo. Gefiel mir besser als der erste. Und das nicht nur, weil eine entscheidende Passage beim Gipfelkreuz des Monte Capello (514 m) spielt.

«Doch es war zu früh, um aufzuatmen. Das Gewitter war nicht vorbei, und schon hörte Alexa wieder das dunkle Geräusch des Donners. Als sie sich umblickte, erschrak sie. Den Weg, dem sie zu folgen glaubte, konnte sie nirgends mehr ausmachen. Sie blieb stehen, sah sich um. Eindeutig: Da war nichts. Keine Spur, kein Pfad. Sie hatte sich verlaufen! Verzweifelt suchte sie die Stämme ringsum nach Markierungen ab, aber auch da war nichts. Die Karte war mittlerweile schon völlig durchweicht, außerdem hatte sie keine Ahnung, wo sie sich überhaupt befand. Wütend stopfte sie sie in den Rucksack. Dann kramte sie nach ihrem Handy, doch wie nicht anders zu erwarten, hatte sie keinen Empfang. Und das Funkgerät lag in der Einsatzzentrale.»
Anna Schneider: Grenzfall. Der Tod in ihren Augen. Fischer Taschenbuch, Frankfurt a.M. 2021, € 11,00. Der erste Fall für das deutsch-österreichische Ermittlerteam Alexa Jahn und Bernhard Krammer. Aber keiner für zarte Seelen, denn der Kletterunfall entpuppt sich als grausam inszenierter Mord. Wir fürchten uns schon vor dem zweiten Fall.

«Die Brücke war einfach verschwunden. Wo vor einigen Stunden noch Längsträger und Querbretter gelegen hatten, tobte ein brauner Fluss mit weißer Gischt. Der ohrenbetäubende Lärm der Wassermassen übertönte sogar den Gewitterdonner. Ein paar der Bretter kreisten im strudelnden Kehrwasser hinten den Felsen, der ehemals die Brücke getragen hatte. Der Großteil der Konstruktion war vom Adratsbach mitgerissen worden und driftete mittlerweise vermutlich in der Steinacher Achen oder schon in der Vils. Die tiefe Schlucht war fast bis zum Oberrand mit Wasser gefüllt, der kleine Bach, den man normalerweise an vielen Stellen mit einem Sprung überwinden konnte, war auf eine Breite von mindestens acht Metern angeschwollen.»
Hans Compter: Der Donner bringt den Tod. Alpenthriller. Bergverlag Rother, München 2021, € 13,00. Ein Bergkrimi von leider beängstigender Aktualität. Der vermeintliche Zufluchtshof in einem Bergasthaus wird zu Hölle, und die Fluchtwege sind überschwemmt. Also erst lesen, wenn sich die Hochwassergefahr wieder verzogen hat.

«Du liest zu viele Krimis.»
«Und du gehst lieber laufen, als mir zu glauben. Sport, Sport, Sport, du denkst ja an gar nix anderes mehr. Diese Franzi ist nicht gut für dich.»
«So, das reicht. Ich geh.»
«Dann geh halt.»
«Tu ich auch.»
«Bitte.»

Joe Fischler: Totentanz im Pulverschnee. Ein Fall für Arno Bussi. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2021, € 11,00. Ja dann geh nur, für Pulverschnee ist es eh noch ein paar Wochen zu früh. Andererseits sind wir auch froh, wenn der zu viele Niederschlag als Schnee fällt, das verzögert das Abfliessen der Wassermassen. Allerdings sind es Schneemassen, in denen Arno bei seinem dritten Fall versinkt. Nicht nur er. Wie auch immer: Schnee, Hagel, Regen. Einfach H2O. Wir möchten aber S hoch drei, nämlich rundum Sonne. Schöne Ferien, trotz allem!

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