3000er im Wallis und Tirol

Hoch hinaus, zwischen 3000 und 3999 m. Drei neue Führer helfen mit Vorschlägen.

«16. Juli 1964. Oberrothorn (3415 m). Aufstieg von Sunnegga – Stellisee – Furggi. Mühsam, aber prachtvolle Aussicht! mit Vati»

Mein erster Dreitausender! Mit knapp zehn Jahren. Zwei Tage später mein zweiter, das Mettelhorn (3406 m), von Zermatt (1605 m) aus, in 4.40 Std. „Statt in der Lücke zu warten, gehe ich allein über den Gletscher“, lese ich in meinem ersten Tourenbuch, das mein Vater für mich führte. Am 25. Juli 1964 stand ich zum zweiten Mal auf dem Oberrothorn, zusammen mit Mutter, Grossvater und Bruder; der Vater ging mit seiner Mutter aufs Unterrothorn (3103 m), das damals noch nicht mit Seilbahnen erschlossen war.

Alpengipfel über 3000 Meter: natürlich nicht ganz so magisch wie solche über 4000 Meter. Aber trotzdem: schon hoch, in vielen Regionen der Alpen gar die höchsten. Und das macht sie besonders: oft erwanderbar. Aufs Oberrothorn führt ein Weg, aufs Obergabelhorn (4063 m) hingegen schwierige Fels- und Eisrouten, nur für erprobte Alpinisten zu empfehlen. Auf viele Dreitausender gelangt man gäbig in Wanderschuhen, und wenn sich ein Firnfeld in den Weg stellt wie am Mettelhorn, dann wandert man (über)mutig darüber hinweg… Eine neue Routenbeschreibung liest sich so: „Vom Pass gehen Sie nach Osten und überqueren einen kleinen Gletscher (die Bedingungen können variieren – im Jahr 2018 war der Gletscher zum Beispiel komplett geschlossen –, deshalb sollten Sie sich vor der Überquerung über die Bedingungen erkundigen). Schliesslich machen Sie den letzten steilen Aufstieg zum Gipfel des Mettelhorns.“

Die Beschreibung stammt aus diesem Führer: „100 Gipfelziele über 3000 M. Wandern im Kanton Wallis. Ein originelles Projekt von Xavier Fernandes“. Der Autor stellt mit Text, Fotos, Kartenausschnitten und Symbolen 100 Touren im ganzen Rhonekanton vor, von der Haute Cime hinter dem Schloss Chillon bis hinauf zum Chli Furkahorn, von drei Wanderungen mit Schwierigkeit T2 bis zu 24 anspruchsvollen Alpinwanderzielen wie Grand Muveran, Löffelhorn und Strahlhorn (3026 m); das berühmtere Strahlhorn gehört zu den 48 offiziellen Viertausendern der Schweiz. Eine spannende, verlockende Auswahl von erwanderbaren VS-3000er, mit einigen ganz unbekannten Zielen. Leider fehlen Zeitangaben, Richtungspfeile auf den Karten, Angaben zum öV und zu Unterkünften, und die Angaben zu den Höhenmetern wackeln da und dort auch. Und es sind auch mehr als 100 Dreitausender, die man besteigt: So überschreitet man bei der vorgestellten Route aufs Oberrothorn gleich zweimal das Unterrothorn, ohne dass es zählt! Am 13. Juli 1970 bestieg ich alleine beide Rothörner von Zermatt aus; ich erinnere mich noch, wie ich vom höheren in kurzer Zeit über die Geröllhänge ins Furggi (2983 m) hinunter sprang und rutschte.

Jetzt in eine Region, in der sich nur 3000er erheben, aber was für welche: Großvenediger,  Hochgall, Östliche Simonyspitze, Tulpspitze, Kleiner Hexenkopf, Hoher Zaun, Ahrner Kopf und natürlich Grossglockner (3798 m), Top of Austria. Auf den beiden zuletzt genannten Gipfeln war ich mal. Wie man diese hierzulande meist unbekannten Berge besteigt, steht mit allem Drum und Dran und Drauf im Führer „3000er in Osttirol. 66x hoch hinaus“ von Thomas Mariacher. Doch aufgepasst: Viele dieser Dreitausender sind Hochtouren, für die Seil und Pickel und alpinistische Kenntnisse gebraucht werden. Auf den Ochsebug (3007 m) jedoch führt ein markierter Schuttsteig, der sich geschickt über versteckte Felskare zum höchsten Punkt windet; die 1570 Höhenmeter fordern schon stabile Puste und Knie. Kürzer ist die Besteigung des Böses Weibl (3119 m) – was für ein origineller Name, da können die Walliser 3000er nicht mithalten, trotz Wildstrubel, Mont Gelé oder Bella Tola.

Bevor wir loswandern zum Wildhorn und zum Wildenkogel noch rasch der Tipp für einen ganz aussergewöhnlichen Dreitausender, den Mont Emilius (3559 m) im Valle d’Aosta. Er erhebt sich ziemlich genau 3000 Meter und schier senkrecht über der Autobahnausfahrt Aosta Est. Doch von der Rückseite ist der Monte Emilius locker zugänglich. Vor 1839 war die Pyramide unter den Namen Pic de dix heures, Pic Chamosser oder Pic Chamoisier bekannt. 1839 bestieg der Domherr Georges Carrel den Gipfel mit Emilie Argentier, der vierzehnjährigen Schwester des Arztes und Alpinisten Auguste Argentier von Cogne. Zu Ehren der jungen Frau erhielt der Berg den Namen Emilius. Alles Weitere im Führer „Sommets autour du Mont-Blanc. De la randonnée sportive à l‘alpinisme“ von Bruno Duquesnoy. Darin sind auch ein paar 3000er im Wallis zu finden, zum Beispiel die Haute Cime der Dents du Midi. Bonnes balades!

Xavier Fernandes: 100 Gipfelziele über 3000 M. Wandern im Kanton Wallis. Eigenverlag, 2023. Erhältlich in F, E und D. Fr. 60.- www.100sommets3000.ch

Thomas Mariacher: 3000er in Osttirol. 66x hoch hinaus. Tyrolia Verlag, Innsbruck 2023. € 25,00.

Bruno Duquesnoy: Sommets autour du Mont-Blanc. De la randonnée sportive à l’alpinisme. Éditions du Chemin des Crêtes, Marseille 2023. € 24,00.

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