Bergkrimis

Die Berge sind keine heile Welt mehr. Mord und Totschlag auf der Alm, wo es auch Sünd‘ gibt. Hier und jetzt und auch in ferner Zukunft.

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„Wie muss man sich denn diese Anlage vorstellen?“, fragte Nicole.
Abderhalden schien sie erst jetzt richtig zu bemerken und wandte sich ihr zu. „Zuerst einmal würden sämtliche Trendsportarten auf engstem Raum angeboten. Mama findet man beim Canyoning den Grönbach hinunter nach Merligen, Papa benutzt den Klettersteig auf das Niederhorn, und die Kinder vergnügen sich auf der Sommerrodelbahn. Einen Bike-Kurs, Paragliding, vielleicht eine Hängebrücke über das Tal, Tiere zum Anfassen auf der Alp, die Käserei mit Kühen zum Selbermelken, eine Verkaufsboutique mit dem, was die Bauernfamilien herstellen, einfach alles, was die Berge zu bieten haben, zentral an einem Ort.“
„Und im Winter?“

Ist das die Zukunft in den Alpen? Genauer: im Justistal im Berner Oberland, diesem noch recht naturnah gebliebenen, trogähnlichen Tal, das sich von der Sichle zum Thunersee hinabzieht, links begrenzt von Gemmenalp- und Niederhorn, rechts vom Sigriswilgrat. In diesem Tal will Abderhalden, ein einflussreicher Bewohner von Sigriswil, einen riesigen Fun-Park errichten. Gleichzeitg planen dort die Eidgenössischen Kraftwerke den grössten Stausee der Schweiz. Doch dann werden innerhalb kurzer Zeit Verantwortliche beider Projekte vor Ort ermordet. Ein drittes Opfer ist bald zu beklagen, ein Schnapsbrenner: Auch er stirbt beim Wandern. Bloss ein Fehltritt, oder hat jemand nachgeholfen? Das Detektivgespann Heinrich Müller und Nicole Himmel versucht in „Feuerwasser“, die Fälle zu lösen. Ein Krimi von Paul Lascaux, der genau verortet ist: Da sind die Alpen im Justistal, das Karstgebiet Seefeld, oder das Schafloch, eine natürliche Höhle, welche das Militär mit einem 800 Meter langen Stollen verlängerte, so dass man nun unter dem Sigriswiler Rothorn durchgehen kann. Nach der Lektüre wagt man das allerdings kaum mehr…

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Ganz anders der Thriller „Le maître-loup“ der Westschweizer Autorin Gwénaëlle Kempter. Die grünen Alpen sind längst verschwunden, die Staumauern stehen noch, aber das Wasser ist gefroren. Eine neue Eiszeit ist über die Erde gekommen, die Menschen mussten fliehen, in den Bergen irren noch ein paar Einzelgänger umher, auf der Suche nach Wärme, Essen – und sich selbst. Aleksei ist einer von ihnen in diesem Endzeitkrimi, der in den Walliser Alpen angesiedelt ist. Doch die Landschaft ist kaum mehr erkenntlich, vom Dorf Finhaut sind bloss die drei ersten Buchstaben übriggeblieben. Wie ein einsamer Wolf muss Aleksei sich gegen Gegner und die unerbittliche Kälte verteidigen. In ihren Romanen und Erzählungen thematisiert Gwénaëlle Kempter immer wieder die Berge. „Dans la neige et le sang“ zum Beispiel handelt von einem Bergführer, der das Verdikt seiner Mitmenschen nach einem Lawinenniedergang nicht hinnehmen will.

Paul Lascaux: Feuerwasser. Gmeiner Verlag, Messkirch 2009, Fr. 17.90
Gwénaëlle Kempter: Le maître-loup. Editions Plaisir de lire, collection frisson, Lausanne 2009, Fr. 23.-

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