Im Geheimdienst von James Bond

Mit dem Erinnerungsbuch des Berner Oberländer Stuntman Stefan Zürcher (Berg-)Filme vor und hinter den Kulissen miterleben. Winter und Frühling ebenfalls.

«1969 wurde ein Teil des James Bond-Klassikers „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ im Äbnit und am Winterberg in Heiligenschwendi gedreht. Nach erfolgreicher Flucht von James Bond (George Lazenby) und Tracy (Diana Rigg) im Schneegestöber versteckten sie sich im Bauernhaus der Familie Kämpf im Äbnit. Dort verbrachten James und Tracy die kalte Nacht im Heu. Am nächsten Morgen, als die Truppe von Blofild mit den Skiern vom Winterberg her kam, waren Tracy und James schon wieder weg. Doch schon bald klebten die Verfolger an ihren Fersen.»

Diese Filmgeschichte erzählt Posten 9 des „Eulenweg am Winterberg“ in Heiligenschwendi, einer sonnigen Terrasse hoch über dem Thunersee, besser bekannt für das dortige Berner REHA Zentrum der Inselgruppe als für Verfolgungsjagden auf Ski und Liebesszenen im Heu. Am vergangenen Wochenende stand ich gleich zweimal auf dem Winterberg (1217 m), bei blauem Himmel und besten Schneeverhältnissen. Ohne verfolgt zu werden, zogen wir die ersten Spuren in den Nordhang und vorbei am Äbnithof. Heute ist dort oben alles grün, wie auf der Webcam https://rehabern.roundshot.com/#/ zu bewundern bzw. zu betrauern ist.

Dass „On Her Majesty’s Secret Service” auch am Winterberg in Heiligenschwendi gedreht wurde, war mir nicht bewusst. Einer der Hauptschauplätze ist bekanntlich das Schilthorn (2969 m) ob Mürren, im Film und seither Piz Gloria genannt. Wer mehr wissen möchte zu den Dreharbeiten und insbesondere zu den spektakulären Skiszenen, darf zu diesem Buch greifen: „Stefan Zürcher. Im Geheimdienst von James Bond. Meine Erlebnisse mit Stars und Stunts aus über 50 Jahren Filmgeschäft“, verfasst von Roland Schläfli. Der in Wengen aufgewachsene Zürcher (Jg. 1945) war bei zehn Bond-Filmen mit dabei. Er ist der einzige, der mit jedem Bond-Darsteller gearbeitet hat, ausser mit Sean Connery. Mit ihm drehte er einen andern Film, den Bergfilm-Klassiker „Five Days one Summer“ (1982).

Im neuen Buch erzählt Stefan Zürcher von seiner Arbeit als Stuntman, als Location Finder, als Übersetzer und Koordinator für deutsche und englische Teams, als Produzent von eigenen Werbefilmen. Er war der Experte für Aufnahmen im Schnee: „Szenen im Schnee müssen beim ersten Versuch gelingen, ansonsten muss man viel Zeit aufwenden, um in die Position zurückzukehren und die Spuren im Schnee zu verwischen – oder, noch aufwendiger, um die ganze Crew in eine alternative Location zu transportieren.“ Fast so spannend wie Verfolgungsjagden an einem winterlichen Berg oder in der Wüste sind die Hintergrundgeschichten, wie die atemberaubenden Szenen gedreht wurden – und wo. Eben am braven Winterberg ob Heiligenschwendi. Auf dem Pilz am Rande der Eigernordwand. Auf dem Zweiersessellift in Meiringen-Hasliberg. Nur schade, dass es am Schluss des Buches kein Verzeichnis der Filme gibt, an denen Stefan Zürcher mitgewirkt hat, mit den originalen und den deutschen Titeln. Der Sessellift-Streifen heisst „The Swiss Conspiracy“ bzw. „Per Saldo Mord“. Klickt mal https://alpentower.roundshot.com/#/ an: Ganz oben am Hasliberg ist noch Winter, während auf dem Winterberg der Frühling eingezogen ist. Verrückt, wenn man denkt, dass wir vor fünf Tagen dort und am benachbarten Vesuv Schwünge in den frischen Pulverschnee gezogen haben.

Roland Schläfli: Stefan Zürcher. Im Geheimdienst von James Bond. Meine Erlebnisse mit Stars und Stunts aus über 50 Jahren Filmgeschäft. Weber Verlag, Thun/Gwatt 2023. Fr. 59.-

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