Neige, Glace et Mixte

François Damilano hat sein Standardwerk für eisige Anstiege im Mont-Blanc-Massiv überarbeitet: ein Muss für alle, die es steil und kalt mögen.

La Ginat. IV 5. Jean Ginat, Gilles Modica, Jean-Pierre Simond et Jean-Marc Troussier, 24 juillet 1978. Jean Ginat trouva la mort au cours de la descente sur le versant Talèfre. Parcours solo de Ueli Steck en 2h08, janvier 2010.

Das ist sozusagen Vers 233 der Bibel. Aber nicht derjenigen von Luther oder, zur Zeit sehr aktuell, von Zwingli. Sondern derjenigen von Damilano, ebenfalls sehr angesagt. Allerdings nicht für religiöse Fragen und Antworten. Sondern für bergsportliche Aktivitäten, und das im Mekka. Also in Chamonix. Und was macht man dort, wenn man nicht die steilsten Hänge hinunterkurvt? Man klettert die noch viel steileren Wände hoch, wenn möglich im Eis. Und was nimmt man mit neben Ankerpickeln, Steigeisen, Seil und dem ganzen restlichen Material? Den Führer von François Damilano, Bergführer und Führerautor. Sein erster Band von „Neige, Glace et Mixte“ in der Reihe „Le topo du massif du Mont-Blanc“ liegt neu in der dritten Auflage vor und umfasst alle Eis- und gemischten Eis/Fels-Routen zwischen dem schweizerischen Plateau du Trient und der Dent du Géant. Es sind dies auf 356 Seiten 772 Routen mit genauen Angaben des Verlaufs (aufs Fotos eingezeichnet), der Schwierigkeiten, der Erstbegeher.

Eben: Die Bibel für alle, die im östlichen Mont-Blanc-Massiv steil hochkommen wollen. Und die die Übersicht behalten wollen. Zum Beispiel in der Nordwand des tiefsten Viertausenders der Alpen, der Droites (4000 m). Der Playground für Spezialisten der Eisvertikalen: 1000 Meter hoch, 500 Meter breit, durchzogen von den Routen 225 bis 247, erstmals durchstiegen von Philippe Cornuau und Maurice Davaille vom 5. bis 10. September 1955. Diese Route wird aber, so weiss Damilano, kaum noch ganz begangen; man kombiniert sie unten mit der Messner-Führe und oben mit der Ginat. Voilà! So wird Ueli Steck vor neun Jahren hochgerannt sein. Ein anderer berühmter Schweizer Alpinist hat in der Droites-Nordwand ebenfalls seine Spuren hinterlassen: Erhard Loretan. Mit Pierre Morand eröffnete er am 4./5. August 1978 den Éperon helvétique (Nummer 235, gleich rechts der Ginat). Und nebenan verlockt schon die Colton-Brooks. Anders gesagt: Für Neurouten-Sucher ist es in dieser berühmten Wand etwas eng geworden.

Doch: Es gibt Abhilfe, das heisst Auswege nach oben. In der Südwestwand der Pointe Isabella (3761 m) hat François keinen einzigen roten Strich gezogen. Avis aux amateurs! Den Namen erhielt die Spitze übrigens von Isabella Straton, einer englischen Alpinistin; im Sommer 1875 machte sie die erste Besteigung mit den Führern Jean-Estéril und Pierre Charlet. Am 31. Januar 1876 gelingt ihr mit Jean-Estéril und Sylvain Couttet, Michel Balmat und Gaspard Simond die erste Winterbesteigung des Mont-Blanc. Im November des gleichen Jahres heiraten Isabella und Jean-Estéril. Schnee, Eis und Fels können also auch schön warm geben.

François Damilano: Neige, Glace et Mixte. Le topo du massif du Mont-Blanc. Tome 1 – du bassin du Trient au bassin du Géant. Troisième édition. JMEditions, Chamonix 2018, € 29.50. www.jmeditions.fr

Und: Über den Eiskletterpionier, Bergführer, Führerautor und Filmer François Damilano ist eine dicke Biografie von Cédric Sapin-Defour erschienen: Les sept vies de François Damilano (Éditions Guérin 2018, € 39.50).

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