Offenbar gab es im Jahr 1950 schon Skiraser, die wie Kampfbomber im Sturzangriff die Pisten herunterbretterten. Damals noch ohne Helm und Panzerkorsett. Der historische «Ski-Kluft-Irrsinn» in Keilhosen sieht im Rückblick doch eher bieder aus, auch wenn schon Abfahrtsleichen die gestampfte Piste säumten. Verziehen wir uns doch lieber in eine warme Schneehütte wie Lena. Sie braucht weder Helm noch Panzer, ein Wollknäuel genügt.
Sessel-Lifte
Lippenstifte,
Sonnenbrille,
Stukapille,
Puderdose,
Keilformhose,
Pisten fegen,
Bräune pflegen
Und den Ranzen;
Abends tanzen.
Weiche Scheichen,
Abfahrtsleichen,
Schwingen, walzen,
Steppen, balzen,
Renommieren
Und Hofieren
Smart und short:
Im Wintersport!
Passt! Nicht wahr? Auch heute noch. Obwohl das Wort „Stukapille“ im ersten Schwung wohl nicht genommen wird. Nun, das Gedicht erschien am 9. Februar 1950 im „Nebelspalter“, in einer Sondernummer zum Skisport mit Karikaturen von Giovannetti und mit Texten verschiedener Autoren. So auch das Gedicht „Aus der Abfahrtskanone geschossen“ von Chräjebüehl. Und so wird beim zweiten Schwung ersichtlich, was Stuka heissen könnte: etwas Militärisches, Sturzkampf wahrscheinlich. Die Stukapille gab es im Zweiten Weltkrieg für Bomberpiloten. Und später offenbar ebenfalls für Skifahrer, die sich durch die Kanonenrohrpisten von Mürren, Engelberg oder anderswo in die Tiefe stürzten. Ein Aufputschmittel aber auch für Bergsteiger: Hermann Buhl hätte vor 60 Jahren ohne Pervitin die Erstbesteigung des Nanga Parbat (8126 m) wohl nicht geschafft, inklusive Rückweg. Die Stukapille von heute dürfte der Jagatee oder Jägertee sein, womit wir schon wieder bei Kanonenzeugs angekurvt wären. Zum Glück gab und gibt es noch Skihasen mit Lippenstift und Puderdosen.
Bleiben wir noch ganz kurz beim modischen Skifahren. In der erwähnten Sondernummer findet man ein paar überraschende Erklärungen für SKI:
Skihäslis Kanonen-Illusion
Ski-Kluft-Irrsinn
Skigirl-Kuβ-Idylle
Saublöder Kurven-Idiot
Ski-Kanten-Impresario
Slalom-Kinder-Institut.
Smart und short: Die nächste Wintersaison ist endlich lanciert. Was jetzt noch fehlt, ist Schnee bis in die Niederungen. Wenn er dann da ist, zieht es Lena aus Thun unwiderstehlich hinaus. Ihre Puppe Odilia nimmt sie mit. Den Papa möchte sie auch mitnehmen, aber der will einen Artikel fertig schreiben. Nachbarsbub Luzi ist nicht zu Hause, sondern im Fussballtraining. Nachbarsmeitschi Chrigi muss Aufgaben machen. Und Chaschper ist am Güetzele. So baut Lena ganz alleine einen Schneemann. Und findet sich plötzlich in einer Schneehöhle wieder, wie gemacht für den Winterschlaf. Draussen decken die weissen Flocken alles weiter zu. Zum Glück hat Lena, als sie das Haus verliess, ein Wollknäuel mitgenommen und den Faden dann abgerollt, fast so wie Flurina den Zottelstrang im Bilderbuch „Der grosse Schnee“ von Alois Carigiet und Selina Chönz aus dem Jahre 1957. Denn wer weiss, ob Chaschpar und Chrigi, Luzi und Papa die Lena in der Schneehöhle noch gefunden hätten. Eine schöne (Winter-)Geschichte von Margret Baumann (Bilder) und Eva Klaus (Text) in ihrem dritten gemeinsamen Bilderbuch, mit dem Titel „Chumm mit i Schnee“. Der erste Satz darin: „Es schneit.“
Margret Baumann, Eva Klaus: Chumm mit i Schnee. Verlag Lauitor, Thun 2013, Fr. 29.-