Der Geologe im Bergwaldfrühling

Die Frühlingstage werden mehr und wärmer. Und für mich, den kartierenden Geologen, wird es Zeit in die Bergwälder aufzubrechen und meinem Handwerk nachzugehen.

Geologenkartiergerät

Um diese Jahreszeit muss der Geologe in die Wälder, denn jetzt zeigt sich hier der Untergrund am offensten. Zwischen dem langsam nach oben abstreifenden, weissen Winterkleid und dem von unten nachrückenden schattengrünen Pflanzenreich ist die feste Erde zugänglich wie sonst das ganze Jahr über nicht. So quere ich mit Hammer, Stift und Kartierbrett bewaffnet, und mit langsamem, sanft belastendem Tritt über die Steilhänge, bin dabei in jedem Winkel ihrer Oberfläche auf der Spur dessen was meine, was unsere grossen Berge formt.

An den Südhängen des Seeztals, in den steilen Kalkfelswäldern und auf den dazwischen sich erstreckenden Wiesenterrassen, ist die Luft so mild dass sie von unten strömt und wie warmer Atem über die Haut streicht, einzelne trockene Blätter aufnimmt und trägt, tanzen lässt. In den noch lichten Wäldern, durch die ich streife, blühen zahlreich die frühen Blumen, die Buschwindrosen, die Leber- und Schlüsselblumen. Auf den flacheren Terrassen herrscht dagegen noch blendende Helle, weiss strahlt hier der Schnee in der Sonne. Und speist die Bäche, überall ist Wasser. Es rauscht und tobt in den Schluchten der Kalkfelswälder, und es gluckst und strömt auf den Terrassen unter dem Schnee hervor, zwischen den Blöcken der Bergsturzmassen. Und es matscht über die Stiefel auf den noch braunen, gerade vom Schnee frei gegebenen Feuchtwiesen wo das fettig leuchtende Dunkelgrün der noch kleinen Sumpfdotterblätter die gelbe Pracht ihrer Blüten erahnen lässt.

Durch die noch nicht belaubten Kronen fällt das Sonnenlicht vor einem Baumstamm auf den Boden wie eine Einladung, der ich mich nicht entziehen kann. Es ist eine Geborgenheit wie im weichsten Bett, in der ich spüre wie die Erde meinen Herzschlag wiedergibt.

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