Die Alpen im Anthropozän

Ein überzeugendes Bergbuch zu Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Alpen. Denen die jüngste geochronologische Epoche, in welcher der Mensch zum wichtigsten Einflussfaktor auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist, besonders zusetzt.

«Nirgends verschränken sich Natur- und Kulturräume so eng wie in den Alpen. Nirgends ist der Einfluss auf die Landschaft des Anthropozän so allgegenwärtig wie in den Alpen: Energielandschaften, touristische Nutzung der Natur, Ergrünen und Erbraunen der Flora, Gletschersterben, Bergstürze. Gerade darum eignen sich die Alpen ganz besonders, unterschiedliche Qualitäten von Nachhaltigkeit im Zusammenspiel zwischen verschiedenen Sektoren wie Land-, Forst- und Energiewirtschaft, aber auch zwischen Tourismus, Wohnen und lokalem Handwerk genauer zu untersuchen und zu beleuchten.»

Schreibt Boris Previšić, Professor für Literatur- und Kulturwissenschaften an der Universität Luzern und seit 2020 Gründungsdirektor des Urner Instituts Kulturen der Alpen, im Vorwort zu dem von seinem Institut herausgegebenen Reader „Nutzen, Benutzen, Hegen, Pflegen. Die Alpen im Anthropozän“. In diesen vier Kapiteln bringen bekannte und unbekannte Autorinnen und Autoren aus dem Alpenraum und aus verschiedenen Fachrichtungen anwendungsbasiertes Erfahrungswissen mit der aktuellen Forschung zusammen, schlagen sinnvolle Durchführung vor und verbinden diese mit Zukunftsszenarien. Liest sich schwergewichtig und bedeutungsschwer, nicht wahr? Keine Angst. Ob man mit Köbi Gantenbein alpines Bauhandwerk begutachtet, ob man mit Andrea Meier beim Eisfischen auf dem Arnensee im westlichsten Berner Oberland friert (wenn sich denn auf dem Wasser überhaupt eine tragfähige Eisschicht bildet), ob man – perfekt passend dazu – mit Wilfried Haeberli durchs aufgeheizte Hochgebirge wandert (wenn der Weg wegen Felssturzgefahr nicht gesperrt ist), ob man mit Eva-Maria Müller einen Gipfeldieb in Wien besucht oder ob man mit Roman Hüppi über das Kohlenstoffsenken in der alpinen Landwirtschaft nachdenkt: Immer liest man die 4 x 4 Beiträge mit Interesse und Erkenntnis, Unterhaltung und Gewinn. Zu jedem Beitrag gibt es einen Informationskasten und eine ausgewählte Biografie.

Und, ganz wichtig: Die Beiträge sind fein, geschickt und überraschend illustriert mit Fotos von Marco Volken. Zudem liegt das in Dallenwil NW gedruckte Buch – Broschur mit Klappen – gut in der Hand. Zum Mitnehmen im Rucksack ist es mit den 390 Gramm vielleicht etwas schwer. Doch ist baden nicht ohnehin schöner als wandern? Warum nicht im Urnerland? Beim Reussdeltaturm befindet sich ein Bad, und zum Arnisee mit seinen Bademöglichkeiten fahren zwei Seilbahnen. Worauf warten wir noch? Zum Beispiel auf viele neue Beiträge des Urner Instituts Kulturen der Alpen. Sie sind ebenfalls zu finden und lesen in seinem Online-Magazin „Syntopia Alpina“. Syntopia sind gemeinsame Ort: «Syn-Topoi». www.syntopia-alpina.ch

Urner Institut Kulturen der Alpen (Hg.): Nutzen, Benutzen, Hegen, Pflegen. Die Alpen im Anthropozän. Hier und Jetzt Verlag, Zürich 2023. Fr. 36.-

Buchvernissage mit Apéro und musikalischer Umrahmung: Montag, 11. Septemer 2023, 18 Uhr; Zeughaus Parterre, Lehnplatz 22, Altdorf; Anmeldung erwünscht: veranstaltungen@kulturen-der-alpen.ch.

Weitere Buchpräsentationen: Mittwoch, 8. November 2023, 18.30 Uhr, Alpines Museum der Schweiz in Bern. Sonntag, 12. November 2023, 14 Uhr, BergBuchBrig.

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