Kartenwelten

Drei neue Bücher auf Papier, die sich ganz unterschiedlich mit Karten befassen. Sonst fassen wir ja solche fast nur noch auf dem Bildschirm an.

«Wie ist der Name der Gebirgsgruppe, die die Halbinsel von Sorrent prägt, und wie hoch ist ihr höchster Gipfel?»

So lautet die vierte Frage bei Nummer 37 des Buches „Landkarten Rätselreise Europa“, das „44 abwechslungsreiche Augenreisen“ anbietet. Die Nr. 37 führt unter die Zitronenbäume der Amalfiküste. Die beiden vorangehenden Nummern befassen sich mit dem Bosco Verticale in Mailand bzw. mit San Marino, der ältesten Republik der Neuzeit, immer auf einer Doppelseite mit Foto und Hintergrundtext, auf der nächsten mit einem passenden Kartenausschnitt und mit sieben bis acht Fragen, die nach „ankommen –  aufwärmen – durchstarten“ angeordnet sind. Im Anhang dieses Buches können Entdeckernaturen, Europafans und Rätselfreundinnen nachschauen, ob sie die Fragen begriffen und die Karten gut lesen konnten. Hier die Lösung von Frage 4 bei Nr. 37: „Gesucht sind die Monti Lattari, also die Milchberge, deren höchster Gipfel 1444 Meter hoch ist.“ Sein Name verrät die Karte auch noch: M. Sant’Angelo a tre Pizzi.“ Und wie heissen nun diese drei Spitzen? Ich nehme mein Telefonino zur Hand, klicke auf Mapout und vergrössere den Ausschnitt (den Sektor habe ich früher schon mal runtergeladen), bis ich dort die Namen lesen kann: Monte San Michele (Molare), 1444 m hoch; Monte di Mezzo (Canino), 1426 m; Monte Catello (Caldara), 1390 m; je erschlossen mit Routen in der Schwierigkeit T2 bis T6. Gäbiger zum Wandern ist es in Milano Marritima; dieser schicke Ort am Mare Adriatico wird in der vierten Frage von Rätsel 36 gesucht.

Aber den ganzen Tag am Strand liegen bzw. auf- und abgehen mögen wir ja nicht unbedingt. Etwas Lektüre kann nicht schaden. Für die folgenden Bücher müssen jedoch mehrere Tage eingeplant werden. In „Karten, die die Welt veränderten. Die bedeutendsten Werke der Kartografie von den Anfängen bis heute“ nimmt uns Philip Parker mit auf eine spannende Reise durch die Geschichte der Kartografie. Anhand der wichtigsten kartografischen Werke und ihrer Entstehungsgeschichte zeigt der britische Historiker und ehemalige Diplomat auf, wie sich die Kunst der Kartenerstellung und -darstellung über die Jahrhunderte entwickelt hat, und wie die Welt, wie wir sie heute kennen, Gestalt angenommen hat. Die um 500 v. Chr. geschaffene Weltkarte von Hekataios, die im Grossen das Mittelmeer und angrenzenden Landflächen zeigt, sieht schon ziemlich einfacher aus als die Weltkarte in Peters-Projektion der Oxford Cartographers von 2022. Der Stiefel von Italien aber hat sich kaum verändert! Etwas schade finde ich, dass für das reich bebilderte Werk kein grösseres Format gewählt wurde; so sind die Abbildungen manchmal nur schwer leserlich.

In dieser Hinsicht gefällt das 23 x 29 cm grosse Werk „Le Valais à la carte. Cartographie valaisanne à travers les âges“ besser. Über 1000 gedruckte Karten mit Bezug zum Wallis hat die Mediathek Wallis-Sitten im Laufe der Jahrzehnte zusammengetragen. Sie deckt einen Zeitraum von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis heute ab und behandelt sehr unterschiedliche Themen. Dieses Buch zeigt einen schönen und reichhaltigen Querschnitt durch die Schätze der Institution. Es ermöglicht es, die aussergewöhnliche Fülle an kartografischen Darstellungen des Kantons Wallis zu entdecken, von Ptolemäus über die immer genaueren topografischen Karten bis hin zu touristischen Plakaten, zu politischer Werbung und Karikaturen, die ihre Botschaften immer wieder mit der Gestalt des Rhonekantons verkünden. Auf Seite 117 wartet zudem das Wallis à la Tolkien: Sion heisst nun Minas Tirith, Brig Edoras, das Matterhorn Mount Doom I. Und die Gipfel zwischen Monte Rosa und Weissmies sind mit White Mountains angeschrieben, Berge also, die weiss wie Milch sind. Hier aber wegen der Gletscher und nicht wegen des hellen Gesteins wie auf der Halbinsel von Sorrent.

Nadine Ormo, Michael Laufersweiler: Landkarten Rätselreise Europa. DuMont Reiseverlag, Ostfildern 2023. € 16,95.

Philip Parker: Karten, die die Welt veränderten. Die bedeutendsten Werke der Kartografie von den Anfängen bis heute. Haupt Verlag, Bern 2023. Fr. 42.-

Simon Roth, Samuel Hubert: Le Valais à la carte. Cartographie valaisanne à travers les âges. Edition Monographic, Sierre 2023. Fr. 50.-

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