Rund um Bern

Bern ist eine Reise wert, sofern genügend Zeit eingeplant für die vorgeschlagenen 216 Stunden Wandern, Klettern, Kurven in einer Landschaft, die «reifen, schönen Frauen» gleicht, also üppigen Bernerinnen, denen man heute eher als gertenschlanken Joggerinnen begegnet, aber noch immer mit «ruhiger, herber Kraft erfüllt» wie einst. Zum Bernerluft-Schnuppern sofort anmelden zur Führung am 10. September mit dem besten Bernkenner aller Zeiten.

«Wenige Städte dürfen sich einer so reizvollen Umgebung rühmen, wie sie Bern besitzt. Wohl sind gerade in der Schweiz Namen anderer Städte mit noch berühmteren Landschaftsbildern verknüpft als das Hügelland, in welchem Bern eingebettet liegt. Was aber dem bernischen Lande einen ganz besonderen Reiz verleiht, das ist sein idyllischer, das Herz erfreuender, fröhlicher wie auch zugleich, trotz des Fehlens hoher Berge, herb kraftvoller Charakter und die grosse Mannigfaltigkeit der Formen. Wenn man die Umgebung von Bern in ihrer Eigenart kennzeichnen soll, so möchte man sie mit einer reifen, schönen Frau vergleichen, einer jener von ruhiger, herber Kraft erfüllten Frauen, wie sie gerade in Bern nicht selten zu treffen sind. Üppigkeit ist mit Würde gepaart, und man könnte ihre Art fürstlich nennen, indem man an das strahlende Diadem der Alpenkette auf dem Bilde der bernischen Landschaft denkt, wenn sie nicht treffender als mütterlich bezeichnet werden müsste. Wie seltsam ist nicht ihr Gegensatz zu der Landschaft des Thunersees, die ganz Lieblichkeit und jugendliche Anmut atmet. Dort wehen weiche Lüfte, im Gegensatz zur kräftig anregenden Luft Berns, dort ist Heiterkeit, hier freundlicher Ernst.
Was das Besondere an der Umgebung Berns ausmacht, ist das Fehlen jeglichen toten Punktes oder falschen Tons. Lückenlos ist das Gewebe der Schönheiten über das ganze Land gebreitet, ein vollkommenes Muster bildend; hier ist nicht nur das Ziel die Wanderung wert, der Weg selbst birgt die höchsten Reize. Die Fülle der lohnenden Spaziergänge und Ausflüge ist so gross, dass man auch bei langem Aufenthalte in Bern unausgesetzt Neues suchen und finden kann.»

Kann man immer noch, auch hundert Jahre nach der erstmaligen Publikation des Führers „In die Umgebung von Bern! Vorschläge zu lohnenden Ausflügen von Bern aus“. Zitiert habe ich hier nach der dritten, 1921 erschienenen Auflage dieses vom Verkehrsverein der Stadt Bern herausgegebenen Führers. Eine Art Fortsetzung kam am 1. August 2013 heraus und heisst „Rund um Bern“. In diesem roten Wanderführer werden 6 Spaziergänge und Ausflüge in der Stadt selbst, 10 nordwärts ins Seeland und nach Biel und Solothurn, 7 ostwärts ins Emmental und nach Burgdorf, 14 südwärts nach Thun, an den Rand des Oberlandes und ins Schwarzenburgerland sowie 12 westwärts ins Freiburgerland, nach Fribourg und Neuchâtel vorgestellt. Verbunden werden diese 49 Tagestouren mit einem fünftägigen Trek entlang dem wichtigsten Berner Fluss, der Aare.

Beide Bern-Führer sind etwa gleich gross, dick und handlich. Der alte weist ein paar schwarz-weisse Zeichnungen und Fotos auf; so die Elefant genannte Sandsteinformation am Bantiger, ein Hauch Sächsische Schweiz, nur dass sich der Berner Sandstein kaum zum Klettern eignet. Geklettert wird trotzdem im neuen, farbigen Führer: an der Nagelfluh beim Zusammenfluss von Sense und Schwarzwasser, in Bunkern und auf Findlingen auf dem Jolimont, über die Metallleitern oberhalb der Taubenlochschlucht, im glitschigen Graben des Radelfingenbachs. Es wird gebadet, gepadelt und geradelt, es wird gerastet, gerannt und gekurvt (auf Ski). Aber natürlich wird vor allem gewandert, insgesamt 216 Stunden. Das sollte für einen langen Aufenthalt in Bern reichen. Manchmal liegt auch ein Gipfel am Weg, wie Gurten, Gisnauflüe oder Guggershörnli. Und natürlich der Wistenlacherberg, besser bekannt als Mont Vully. Im alten Bern-Führer ist er mit der Nummer 133 der letzte Vorschlag: „Breitausladender Bergrücken zwischen dem Murten- u. Neuenburgersee, der durch seine Formation vielerlei landschaftliche Reize bietet, u. von dem aus man einen schönen Überblick über die Seen, Jura u. Alpen u. die überaus fruchtbare Gegend geniesst. Weinbau, Gemüsepflanzungen, die durch den Fleiss der ethnographisch höchst interessanten Bauern bedeutenden Umfang angenommen haben. Von hier aus wird z. B. der ‚Ziebelemärit‘ in Bern zum grossen Teil versorgt.“

Damit wären wir wieder in der Stadt Bern angelangt. Am 10. September 2013 wandern wir auf einer gut einstündigen Tour vom Bernhard-Studer-Stein auf der Grossen Schanze via Hallerdenkmal, Alpeneggstrasse, Boulder-Blut-Turm, Lenbrunnengässli, altes Alpines Museum, Trunserloch und Alpenquaipromenade zum neuen Alpinen Museum am Helvetiaplatz, unter Führung des Autors. Bergschuhe nicht nötig, rote Socken ebenfalls nicht, aber vielleicht ein Regenschirm. Start um 16.00 Uhr, Apéro ab 17.30 im ALPS.

Daniel Anker: Rund um Bern. Zwischen Biel, Burgdorf, Thun und Freiburg. 50 Touren. Rother Wanderführer, München 2013, Fr. 23.90.

Wer am Apéro im Alpinen Museum dabei sein wird, sollte sich bei mir via Mail anmelden, bitte bis am 3. September. Damit ich weiss, wie viele Flaschen Seftiger und Inser in den Rucksack gepackt werden sollen. Merci!

www.alpinesmuseum.ch/de/buecherberge/programm

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