Schneebücher zum Frühlingsbeginn

Bevor die Skigebiete die Lifte abstellen und wir die Tourenski gegen Gravelbikes tauschen: ein Blick zurück auf vier farbig-verlockende Skipublikationen.

«Je me répète souvent que nous avons une chance extraordinaire d’avoir cet élément magique pour glisser.»

Wenn dieses magische Element denn vom Himmel fällt oder gefallen ist bzw. aus der Kanone gepulvert wurde! Aber wollen wir überhaupt noch Schnee? Heute am 20. März 2024, wenn um 4.06 Uhr mitteleuropäischer Zeit auf der Nordhalbkugel der Frühling begonnen hat – der früheste astronomische Frühlingsanfang seit 1896. Winter ade, auch wenn es am Palmsonntag-Wochenende nochmals Schnee bis unter 1000 Meter geben könnte. Jedenfalls Grund genug, um mit vier noch immer frischen Skibüchern kurz zurückzuschauen.

Das Eingangszitat zum magischen Schnee stammt von Émile Allais (1912–2012), dem Grand Old Man der französischen Skirennfahrer, gefunden im Vorwort zum vierten Band von „ski français“, der sich dem „aventure humaine“ widmet. Wer sind die Leute hinter dem Skilauf? Erfinder wie Allais, Ingenieure, die Lifte und Pisten entwickel(te)n, Arbeiterinnen, die den ganzen Pistenbetrieb im Auge behalten. Spannende Geschichten, die neben die Skiliftbügel und zurück in die Geschichte blicken, comme toujours fein präsentiert.

Das gilt bien-sûr auch für den dritten Band von „ski français“, der das magische Element unter die Lupe und die Latten nimmt. Im hinteren Teil der Publikation auf sieben Seiten ein Artikel, der die schweizerischen Tourismusanbieter sicher freut: „La Suisse, pionnière de la mobilité douce en montagne.“ Uns würde es freuen, wenn es hierzulande auch solch gut gemachte Skihefte à je 96 Seiten gäbe. In einem könnte dann das viertgrösste Skigebiet in Frankreich vorgestellt werden, das man aber gar nicht kennt. Nicht mal das gebirgige Dreigestirn, das die Region symbolisiert wie beispielweise Eiger, Mönch und Jungfrau das Oberländer Skigebiet Grindelwald-Wengen.

Zuerst diese Trio, das im Winter am schönsten anzuschauen ist, wenn die felsigen Gipfelwände rötlich und die Hänge darunter weiss leuchten. Es sind dies die Aiguilles d’Arves auf der Grenze zwischen den Departementen Savoie und Hautes-Alpes; von links nach rechts: Aiguille Septentrionale mit dem Bec Nord (3364 m) und dem Bec Sud (3358 m), Aiguille Centrale (3513 m) und Aiguille Méridionale (3514 m). Erstbesteiger der Südspitze sowie der doppelgipfligen Nordspitze waren, nicht ganz zufällig, William Augustus Brevoort Coolidge und sein Leibführer Christian Almer aus Grindelwald in den 1870er Jahren. Auf der Mittelspitze der Aiguilles d’Arves standen erstmals zwei französische Gemsjäger anno 1839. Soweit kurz die Alpinismusgeschichte. Diejenige zum Skifahren begann so richtig vor zwanzig Jahren, als sich die sechs Skiorte La Toussuire, Le Corbier, Saint-Sorlin-d’Arves, Saint-Jean-d’Arves, Les Bottières und Saint-Colomban-des-Villards zusammenschlossen. Seither treten sie unter dem geschützten Namen Les Sybelles auf. Geschichte und Gegenwart der sechs so Schönen erzählt Hervé Bodeau in „Les Sybelles. Une domaine, six stations de ski pour une histoire“. Müsste man vielleicht mal hin, im nächsten Winter.

Ebenfalls eine Reise wert, ja wohl sogar zwei oder drei Reisen, sind die Ziele, die der Bergführer Shams Eybert-Berard zusammen mit seiner Partnerin Charlotte Villez und dem Fotografen Stéphane Guigné im Bildbandführer „Voyages à ski. Des Alpes aux neiges de l’Asie centralevorstellt. Ubaye, Queyras und Korsika in Frankreich, die Dolomiten, dann Albanien, Kosovo und Griechenland: Traumdestinationen für Skitouren. Das gilt auch für die Länder weiter östlich, obwohl dann zum erhabenen Gefühl, im Schnee hoch oberhalb von Meer und Wüste zu kurven, das beengende dazukommt, dort freiheitlich unterwegs zu sein, wo dies den Einheimischen kaum bis nicht möglich ist. Die Pulverschneewoche in Sibirien jedenfalls, so cool das sicher für die Reisenden und die Bereisten gewesen ist, hätte man streichen müssen: Skiferien im Putinland, das geht schlicht nicht. Dann schon eher, wenn man so weit fliegen will, in die Mongolei mit Ski im Gepäck reisen. Von ihrem höchsten Gipfel, dem Chüiten (4374 m), durch das weisse Element hinabgleiten: mais c’est fantastique!

ski français. Tome 3: Neige; tome 4: L’aventure humaine. Éditions Glénat, Grenoble 2023/24. Je € 20,00.

Hervé Bodeau: Les Sybelles. Une domaine, six stations de ski pour une histoire. Éditions Glénat, Grenoble 2023. € 26,00.

Shams Eybert-Berard: Voyages à ski. Des Alpes aux neiges de l’Asie centrale. Éditions Glénat, Grenoble 2023. € 36,00.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert