Stephan Siegrist und Ueli Steck

«Im Geschäft mit aufsehenerregenden Touren in den Bergen der Welt» – so kann man das «lebensgefährliche Tun» heutiger Spitzenbergsteiger zusammenfassen. Zum Geschäft gehört also nicht nur Speedklettern, sondern auch Bücherschreiben. Hier mal die Werke von zwei bekannten Heros – in Schreibseilschaft mit zwei Frauen verfasst. Rezensiert von einem Speedleser.

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„Mit Ueli verbinden mich viele prägende und schöne Erlebnisse. Mit der Zeit wurde das Bergsteigen für uns beide immer ernsthafter, während wir früher unbeschwert unterwegs waren und viel Spaβ hatten, nahm man uns plötzlich als Konkurrenten wahr, wir wurden miteinander verglichen, manchmal sogar gegeneinander ausgespielt.“

Schreibt Stephan in seinem neuen, dritten Buch. In seinem jüngsten, vierten Buch schreibt Ueli nichts über Stephan Siegrist. Aber das will nichts heissen. Vielleicht habe ich es auch überlesen bei der gestrigen Speedlesung. In den früheren Büchern von Ueli Steck war ja immer wieder die Rede von Steff. Schliesslich hing ihr Leben mal an einem sehr dünnen Faden, im Jahre 2001, als die beiden Berner Bergsteiger die Route „The Young Spider“ durch die Eigernordwand eröffneten. Auszug aus dem ersten Text, den Ueli damals verfasste: „Steff ist irgendwo 60 Meter über mir. Ich höre nichts. Hat er Stand und das Seil fixiert, damit ich mit den Steigklemmen nachsteigen kann? Ich warte. Dann hänge ich sie schon mal ein und ziehe…..nichts! Das Seil wird fixiert sein, denke ich, schultere den Rucksack mit 200 Meter Statikseil und beginne mit dem Jümaren. Nach 40 Meter Jümaren erreiche ich eine Kante. Ich höre Schreie von Steff. Mein Seilpartner kämpft, seit ich am Aufsteigen bin, gegen den Seilschaftsabsturz. Ungesichert steht er auf den Zacken seiner Steigeisen, mit nur einem Pickel im Eisfeld fixiert. Und das Seil, an dem ich aufsteige, hängt noch nicht an einem soliden Haken, sondern in seinem Klettergurt. Ich muss noch ein paar Sekunden hochsteigen, bis ich das Seil entlasten kann. Kann Steff das noch halten? Nach drei Metern  kann ich mich an den Berg krallen.“

15 Jahre später lesen wir in „Leben im Sturm. Selbstporträt eines Extrembergsteigers“ von Siegrist: „In den darauf folgenden Tagen und Wochen bin ich mehrere Male aus dem Schlaf hochgeschreckt. Ich sah Ueli und mich durch die Luft wirbelnd in die Tiefe stürzen.“ Das neue Buch von Steck mit dem Titel „Der nächste Schritt. Nach jedem Berg bin ich ein anderer“ endet so: „Wichtig war, dass ich mir des Risikos zu jedem Zeitpunkt bewusst war und es im Griff behielt. Dann würde ich in den Bergen auch weiterhin spannende Herausforderungen finden, ohne mich dabei umzubringen.“

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Hart, dieser Schlusspunkt. Er schliesst an den 17. November 2015 an, als Steck den Rekord der schnellsten Begehung der Heckmair-Route zurückholte. Seine Frau Nicole war dagegen gewesen, dass er wieder solo und speedig durch die Nordwand kletterte. „Ich ging trotzdem. Ich konnte nicht anders, der Eiger hatte mich wieder in seinen Bann gesetzt.“ Family Life der etwas andern Art. Ebenfalls bei Siegrist, mit Frau und Kindern zu Hause – und grossen, nicht ungefährlichen Projekten am Berg. Das Ende seines Buch bildet der Satz, den er seinem Vater sagt: „Du hast recht Dadi… Wir mussten beide ziemlich alt werden, um das zu begreifen.“

Alt werden als Spitzenbergsteiger: kein einfach Ding. Das lebensgefährliche Tun begreifbar machen: auch nicht. Steff (Jg. 1972) und Ueli (Jg. 1976) sind nicht mehr die Jüngsten. Und schon Jahre lang im Geschäft mit aufsehenerregenden Touren in den Bergen der Welt. Davon handeln beide Bücher. Sie erzählen atemberaubend die Exploits, reflektieren sie klug, ziehen ein kritisches Fazit – für sich selbst, für Familien und Freunde sowie für uns. Beide Bücher kosten fast gleich viel, sind fast gleich dick und schwer, mit je einem eingebundenen Bildteil in der Mitte. Und: Je verfasst in Seilschaft mit einer Frau.

Stephan Siegrist mit Annette Marti: Leben im Sturm. Selbstporträt eines Extrembergsteigers. Orell Füssli Verlag, Zürich 2016, Fr. 26.90.

Ueli Steck mit Karin Steinbach: Der nächste Schritt. Nach jedem Berg bin ich ein anderer. Malik/Piper Verlag, München/Berlin 2016, Fr. 28.90.

Vom 2. bis 6. November findet in Brig das Festival BergBuchBrig statt. Am Samstag, 5. November um 17 Uhr, sprechen Annette Marti und Stephan Siegrist über ihr Buch. www.bergbuchbrig.ch

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