Vier neue SAC-Kletterführer

162 Klettergebiete mit 2685 Routen und mehr als 5800 Seillängen: da sieht Finale samt Oltre geradezu alt aus. Und das im Schweizerländle und in vorbildlicher Aufmachung und Ausführung, wie man es von Autoren wie Thomas Wälti, Urs Lötscher, Glauco Gucini und dem Kletterpaar Girardin nicht anders erwartet.


«Weit über Tamins thront im Hufeisen der Felssturzabrisskante westlich vom Kunkelspass der einsame Turm des Säsargit 1907 m. Die erste Besteigung dieses Felsobelisken wurde bereits 1921 durch Walter Risch im Alleingang durchgeführt. Eine schier unglaublich kühne Tat…
Trotz einiger Bohrhaken ist dieser Turm nur dem sehr geübten und versierten Alpinkletterer vorbehalten. Der Fels ist alles andere als solide, und es braucht grosse Erfahrung in der Festigkeitsbeurteilung, sonst drohen grosse Felsausbrüche! Eine Besteigung ist daher heikel.»

Zum Glück sind nicht alle Ziele im neuen Kletterführer „Graubünden“ von Thomas Wälti so wenig einladend wie dieser 100 Meter hohe Felsturm im Churer Rheintal. Aber schön, dass der Autor in seinem 560-seitigen Werk nicht nur unzählige lohnende, bestens abgesicherte, bekannte und vor allem auch unbekannte Klettergebiete im grössten Kanton der Schweiz vorstellt. Sondern auch ein paar Türme, an denen wenigstens lokale Klettergeschichte geschrieben wurde, wie eben am Säsargitturm (sein Erstbesteiger eröffnete 1923 die vielleicht berühmteste Bündner Kletterei, nämlich die Badile-Nordkante), am Meilerturm ob Flims oder gar am Crap Furo im Albulatal, einem kühnen Gebilde aus dem löcherigen, brösmeligen Gestein Rauwacke. Die Erstbesteiger dieses Naturdenkmals, das am geografischen Mittelpunkt des Kantons steht, haben klangvolle Namen: Paula Wiesinger und Hans Steger, Sestogradisti der Dolomiten in den 1930er Jahre. Die Route auf den Crap Furo, „einen der anspruchsvollsten Gipfel Graubündens“ (Wälti), ist denn auch mit 6a und 6b bewertet.

Thomas Wälti hat den Wunsch vom Initianten des Schweizer Alpen-Club perfekt umgesetzt. In seinem „Kreisschreiben an die Bergsteiger und Alpenfreunde der Schweiz“ vom 20. Oktober 1862 hatte der Zürcher Rudolf Theodor Simler gefordert, „planmässig die letzten Verstecke der Eisregionen und die noch unerstiegenen Gipfel in Angriff zu nehmen und später durch anmuthige und belehrende Schilderungen die gesammelten Erfahrungen dem Publicum zu übergeben“.

Das Kletterpublikum freut’s. Und wie! Denn ausser Wältis Werk, das 162 Klettergebiete mit 2685 Routen und mehr als 5800 Seillängen enthält, sind im SAC Verlag noch drei weitere Kletterführer erschienen: Zentralschweizer Voralpen Südwest mit 800 Routen, Berner Jura mit 1850 Routen sowie Tessin und Misox mit 2860 Routen, wovon für die aktuelle 3. Auflage 660 neu aufgenommen wurden. Macht zusammen auf 1672 Seiten 8195 Routen. Das sollte für diesen Sommer reichen. Da stört es auch nicht, wenn die Kletterblöcke auf den Wiesen beim Bündner Bundesratsdorf Felsberg nicht mehr zugänglich sind, wie auf einem Plakat zu lesen ist:

«Liebe Kletterer! Bis jetzt haben wir ein Auge zugedrückt! Bitte nicht mehr durch unser Futter latschen! Danke!»

Thomas Wälti: Kletterführer Graubünden. Churer Rheintal/Rätikon/Davos/Surselva/Vals/Engadin/Bergell. Fr. 69.-
Urs Lötscher: Kletterführer Zentralschweizer Voralpen Südwest. Seelisberg-Klewen/Engelbergertal/Melchtal/Sarnen-Brünig/Entlebuch. Fr. 62.-
Carine Devaux Girardin/Christophe Girardin: Topo d’escalade/Kletterführer Jura bernois/Berner Jura. Lac de Bienne/Orvin/Plagne/La Heutte/Pierre-Pertuis/Moron/Court/Moutier/Grandval. 2. Auflage. Fr. 52.-
Glauco Cugini: Guida d’arrampicata/Guide d’escalade/Kletterführer Ticino e Moesano. Locarnese/Onsernone/Maggia/Verzasca/Bellinzonese/ Riviera/Blenio/Leventina/Moesano/Sottoceneri. 3. Auflage. Fr. 64.-
Alle SAC Verlag, 2013.

Am Sommeranfang, 21. Juni 2013, beginnt um 18.30 Uhr im Sherpa outdoor an der General-Dufour-Strasse 28 in Biel die Vernissage von „Jura bernois“.

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