Die erste (und vielleicht einzige) Skitour dieses Winters, ein sonniger Tag mit Überraschungen.
Wir finden ja immer eine Ausrede, um die Skiausrüstung im Keller zu lassen. Enkelin hüten, schlechter Schnee, Nebel, Lawinengefahr, Sonne im Süden, perfekt zum Klettern. Wir sind auch langsam zu alt oder zu bequem, um uns mit Skiausrüstung und den dicken Plastikschuhen an den Füssen zum Tram zu schleppen, dann zum Zug, zweimal umsteigen und Postauto und so weiter. Auch bei Skitürelen gilt: der wichtigste Ausrüstungsgegenstand ist das Auto.
Aber diesmal half nichts. Wetter in der Höhe perfekt, unten ein grauer Deckel, eine schöne Schicht Neuschnee gefallen, Lawinenbericht gut – und in der Tiefgarage steht das Auto des Sohnes, der gerade durch Indien reist. Also die Skiroute aufs Laucherenstöckli von map.geo.admin.ch kopiert und dann los!
Den Parkplatz finden wir, ein Zufall eigentlich. Auf der Skikarte ist er nicht eingetragen. Zwei Autos stehen schon da, aus einem weissen Landrover steigt eine älterer Herr, weiss und hager und faltig und Stöpsel im Ohr. Die zieht er dann raus, Fredi ist’s und mit ihm da ist die Erinnerung. Grosse Zinne Nordwand, 1965. Wir kletterten die klassische Comici, Fredi mit Robi links von uns die direkte Hasse-Brandler. Ein Gewitter, kalter Regen, wir kamen noch zum Zelt, die beiden Jungs mussten in der Wand biwakieren. Später schrieb ich dann mal ein Porträt über den erfolgreichen Unternehmer in der Mode- und Gastrobranche Fredi Müller, Inhaber des Kaufleuten in Zürich. Wir unterhalten uns kurz übers Klettern, Jungstar der Szene war er damals, machte dann lange Pause, klettert heute wieder. «Am liebsten im Granit».
Dann fährt wieder ein Auto ein, wieder ein älterer Herr, es ist Willi. Auch er ein alter Bekannter vom SAC Zimmerberg, von Skitouren, auch er bekannt mit Fredi. Ein zufälliges Altherrentreffen also. Die Vergangenheit, alter Gemeinplatz, holt dich ein wo immer du bist. Selbst auf einer kleinen Skitour. «Die erste diesen Winter», gestehen wir etwas kleinlaut. «Ihr müsst nicht auf uns warten.»
Fredi rauscht ab, Willi fellt uns geduldig voraus, durch Wald, Nebelfetzen und auf weiter sanfter Schleife zum Gipfel. Dort trifft auch er einen Bekannten. Über uns spannt sich der Himmel wolkenlos, im Muotatal liegt dicker Nebel, das Panorama ist phantastisch, tausend Gipfel, Zacken, Hügel, die Mythen und überm Tal der Blüemberg, Teil unserer Familiengeschichte.
Der Schnee pulvrig doch wie immer, wenn wir uns mal aufraffen für eine Tour, schon ziemlich verfahren. Der treue Willi wartet immer wieder auf uns, sein Freund taucht ab. Dann sitzen wir in Oberiberg im «Roggenstock» auf der Sonneterrasse bei Kaffee, heisser Schokolade und Kuchen. Vielleicht war’s ja doch nicht die letzte Skitour des Winters.